Gabriele Wietrowetz (1866–1937)
Gabriele Wietrowetz (Abbildung, vgl. https://www.sophie-drinker-institut.de/)
Gabriele Wietrowetz war zu ihrer Zeit, neben Wilma Neruda und Marie Soldat, eine der berühmtesten Geigerinnen – sie tourte über 40 Jahre lang durch Europa und war ab 1901 die erste „außerordentliche Lehrerin für Violinspiel“ an der Königlichen Hochschule für Musik in Berlin. Dort war sie von 1882 bis 1885 Schülerin von Joseph Joachim. Er selbst zählte sie aufgrund ihrer außergewöhnlichen Virtuosität zu seinen Lieblingsschülerinnen und förderte sie über das Studium hinaus durch einen unentgeltlichen „Freiplatz“ an der Hochschule. Auch führte er sie in den Kreis seiner Berliner und Londoner Künstlerfreunde ein und ebnete ihr so Kontakte für spätere Konzertauftritte.
Über den Dirigenten und Komponisten Hermann Levi kam der Kontakt zu Clara Schumann zustande: Über ihn bat Gabriele Wietrowetz im März 1890 um ein Empfehlungsschreiben, um in einem Frankfurter Museumskonzert spielen zu können. Vermutlich hat Clara Schumann Gabriele Wietrowetz aber schon einige Wochen vorher bereits persönlich getroffen. In den folgenden Jahren verfolgte sie mit Interesse den musikalischen Werdegang der Geigerin, zeigte sich aber auch besorgt um Wietrowetz’ umfangreiches Konzertpensum und gesundheitlichen Zustand. Zu gut kannte Clara Schumann die Folgen solch dicht organisierter Konzerte, die sie nervlich erschöpften und ihre Armschmerzen mit verursachten. So versuchte sie, Gabriele Wietrowetz ihre Erfahrungen weiterzugeben und mahnte sie freundlich an, unterstützte sie aber auch: Sie nahm die Geigerin, die sich im Januar 1892 anlässlich eines Konzertes in Frankfurt am Main aufhielt, bei sich in der Myliusstraße auf. In England trat Gabriele Wietrowetz häufig mit den ehemaligen Schülern Clara Schumanns, Fanny Davies und Leonard Borwick, auf.
Der Schumann-Biograf Wilhelm Joseph von Wasielewski bezeichnete Gabriele Wietrowetz in seinem kunstgeschichtlichen Lexikon Die Violine und ihre Meister (1910) als „eine der bedeutendsten Vertreterinnen ihres Instruments“ (zit. nach Melchert, S. 9 FN 2), er würdigte die Geigerin ab der Auflage von 1904 stets mit einem Eintrag.
Vgl. Yuki Melchert: Gabriele Wietrowetz. Ein „weiblicher Joachim“? Ein Beitrag zur Künstlerinnensozialgeschichte zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Hildesheim u.a. Olms 2018, hier S. 11 FN 8, S. 273‒296.
Vgl. Silke Wenzel: Artikel „Gabriele Wietrowetz“, in: MUGI. Musikvermittlung und Genderforschung: Lexikon und multimediale Präsentationen, hg. von Beatrix Borchard und Nina Noeske, Hochschule für Musik und Theater Hamburg, 2003ff. Stand vom 20. April 2007. Online unter: https://mugi.hfmt-hamburg.de/ [2.9.2020].
(Theresa Schlegel, 2020)