Wilhelmine Schröder-Devrient (1804–1860)

Wilhelmine Schröder-Devrient in jungen Jahren
Wilhelmine Schröder-Devrient in jungen Jahren, Stahlstich (StadtMuseum Bonn)

Clara kannte die bedeutendste deutsche Sängerdarstellerin des 19. Jahrhunderts bereits seit dem Jahr 1832, als die beide gemeinsam in Paris auftraten. Sie blieben zeitlebens freundschaftlich verbunden und begegneten sich oft, insbesondere als Clara und Robert Schumann 1844 nach Dresden übersiedelten.

Als die 20jährige Clara Wilhelmine Schröder-Devrient als Leonore in Beethovens Fidelio erlebt hatte, schrieb sie „Das ist ein gewaltiges Weib – in der Kunst mein Ideal!“ Aber die Sängerin ihrerseits bewunderte ebenso die Pianistin. Als sie einen königlich-sächsischen Offizier,
Herrn von Döring heiratete, und 1847 Dresden verließ, schrieb sie an Clara: „Wie innig ich Sie als Frau wie als Künstlerin verehre und hoch halte, das müssen Sie mir in den Augen gelesen haben.“ Da Wilhelmines Ehe fast sofort scheiterte, kehrte sie bereits 1848 nach Dresden zurück. Am 14. Oktober 1848 sang sie in einer privaten Soirée erstmals den vollständigen Schumann-Zyklus Frauenliebe und Leben nach Gedichten Adelbert von Chamissos, von dem sie das Originalmanuskript besaß. In der Konzertsaison 1848/49 wirkte Wilhelmine Schröder-Devrient in 5 Konzerten mit, die Clara Schumann zusammen mit dem Dresdner Konzertmeister Franz Schubert veranstaltete.

Während einer gemeinsamen Konzertreise der Schumanns mit Wilhelmine Schröder-Devrient nach Leipzig im Januar 1849 bot die Sängerin Clara Schumann das „Du“ an. Bald darauf mußte Wilhelmine wegen ihrer Beteiligung am Dresdner Maiaufstand aus der Stadt fliehen. Die Sängerin ging nach Paris und zog sich vom Konzertpodium zurück. Bis 1853 standen Clara und Wilhelmine in Briefkontakt, dann setzte dieser aus, vermutlich aufgrund des häufigen Wohnortwechsels von letzterer.

Im November 1855 sahen sich die Künstlerinnen in Berlin wieder. Erst im April 1858 kam es zu einem erneuten Treffen. Obwohl die Stimme der Sängerin nicht mehr sicher war, plante sie 1858/59 ein Comeback und fragte Clara, ob diese mit ihr auftreten würde. Die Pianistin riet ihr dringend ab, stimmte dann aber nach längerem Zögern doch noch einem gemeinsamen öffentlichen Auftreten zu. Das Angebot kam jedoch zu spät: Nach dem letzten Konzert am
6. März 1859 in Leipzig hatte sich der Gesundheitszustand der Sängerin verschlechtert, und sie war depressiv geworden. Ihren letzten Brief an Clara, in dem sie beklagte, daß diese keine Zeit hätte, schrieb sie am 12. März 1859. Es gelang Wilhelmine Schröder-Devrient nicht mehr, ihren Wunsch, „das deutsche Lied zu Ehren zu bringen“ in die Tat umzusetzen.

Sie starb am 26. Januar 1860. Trotz der Dissonanzen in der letzten Zeit ihrer Freundschaft blieb Wilhelmine Schröder-Devrient Clara Schumanns Künstlerideal. Die Pflege des deutschen Liedes übernahm der junge Stockhausen, der von Wilhelmine Schröder-Devrient als 26 jähriger Schumann-Lieder gehört hatte und ein Jahr nach ihrem Tod den ihr gewidmeten Schumann-Zyklus Dichterliebe zum ersten Mal öffentlich sang.

(J.M.N.)

Vgl. auch [ Wilhelmine Schröder-Devrient ]