Julius Allgeyer (1829–1900)

Julius Allgeyer (Photo vgl. Brahms-Institut Lübeck, https://www.brahmsinstitut.de/)

Julius Allgeyer wurde in Karlsruhe zum Kupferstecher ausgebildet, zog 1848 nach Freiburg und flüchtete aufgrund seiner Beteiligung an der Revolution in die Schweiz. Er kehrte 1853 nach Deutschland zurück und studierte ab 1854 an der Kunstakademie in Düsseldorf bei Joseph von Keller (1811–1873). In dieser Zeit lernte er Clara Schumann und Johannes Brahms kennen, mit denen ihn eine langjährige Freundschaft verband. Ein Reisestipendium ermöglichte ihm von 1856 bis 1860 einen Aufenthalt in Rom, wo er Bekanntschaft mit dem Maler Anselm Feuerbach schloss. Ab 1860 lebte Allgeyer in Karlsruhe und eröffnete dort ein Fotoatelier, das er zusammen mit seinem Bruder Leo (1827–1891) führte. 1864 lernte er Hermann Levi (1839–1900) kennen, der zu der Zeit Dirigent am Karlsruher Hoftheater war. Zusammen mit Brahms und Levi bildete er ein festes Freundestrio – als Brahms 1866 mehrere Monate bei Julius Allgeyer in Karlsruhe wohnte, komponierte er dort das Deutsche Requiem. 1872 zog Allgeyer nach München, hier war er zunächst in der Firma des bayerischen Hoffotografen Joseph Albert als Vorstand tätig und führte von 1881 bis 1887 eine eigene Lichtdruckanstalt.

Clara Schumann schätzte Julius Allgeyer sehr, er besuchte sie mehrmals in Baden-Baden; in ihrem Tagebuch schrieb sie, er sei „ein lieber, äußerst gebildeter Mensch, dessen Gesinnungstüchtigkeit sowie das feine Empfindungsvermögen aus jedem Worte spricht“ (Litzmann, Clara Schumann, Bd. 3, S. 195) und „Allgeyer ist mir immer ein lieber Besuch“ (ebd., S. 196). Clara Schumann wiederum besuchte ihn im August 1856 in Überlingen am Bodensee auf ihrer Erholungsreise in die Schweiz. Allgeyer fertigte in den 1860ern mehrere Fotografien von Clara Schumann und ihren Kindern an und half ihr in den 1880ern, Briefe von Robert Schumann und Friedrich Wieck für eine geplante Veröffentlichung zu ordnen.

Über seinen 1880 verstorbenen Freund Feuerbach schrieb Allgeyer eine Biografie, die 1894 veröffentlicht wurde und die Clara Schumann begeistert las. 1898 bat Marie Schumann Allgeyer, auch eine Biografie über Clara Schumann zu verfassen. Er ging auf ihre Bitte ein und fertigte ein Manuskript an, das bis zur Hochzeit 1840 reichte, Allgeyer verstarb jedoch während der Arbeiten im Jahr 1900. Marie Schumann wandte sich daraufhin an Berthold Litzmann, der ihre ursprüngliche Anfrage von 1896 aus Ehrfurcht vor der gewichtigen Aufgabe abgelehnt hatte, nun aber zusagte und bis 1908 die dreibändige Clara-Schumann-Biografie fertig schrieb.

Brahms widmete Allgeyer seine Balladen und Romanzen für zwei Singstimmen und Klavier op. 75. Robert Schumann widmete ihm ein Klavierstück mit dem Titel „Ahnung“, dessen Autograph erst 2008 in der Leopold-Sophien-Bibliothek zu Überlingen von der Bibliothekarin Roswitha Lambertz entdeckt wurde, als der Nachlass Leo Allgeyers geordnet wurde. Clara Schumann schenkte es Julius Allgeyer im Oktober 1856.

Vgl. Michael Beiche: „‚Herrn Julius Allgeyer‘ gewidmet. Über ein bislang unbekanntes Klavierstück Robert Schumanns“, in: Marion Harder-Merkelbach, Roswitha Lambertz und Michael Brunner (Hg.): Robert und Clara Schumann. Romantische Entdeckungen, Städtisches Museum Überlingen 2010, S. 29–40.

Vgl. Marion Harder-Merkelbach, Roswitha Lambertz und Michael Brunner (Hg.): Robert und Clara Schumann. Romantische Entdeckungen, Städtisches Museum Überlingen 2010, S. 16.

Vgl. Irmgard Knechtges-Obrecht: „Eine neu entdeckte Notenhandschrift Robert Schumanns in Überlingen“, in: Schumann-Portal – Das Internetportal des Schumann-Netzwerks. Schumann-Netzwerk Geschäftsstelle Bonn. 2008. Online unter: https://www.schumann-portal.de/eine-neu-entdeckte-notenhandschrift-454.html [14.9.2020].

Vgl. Thomas Synofzik und Jochen Voigt: Aus Clara Schumanns Photoalben. Photographische Cartes de Visite aus der Sammlung des Robert-Schumann-Hauses Zwickau, Chemnitz 2006.

(Theresa Schlegel, 2020)