Sophie Kaskel, verh. Gräfin von Baudissin (1817–1894)

Die Komponistin, Pianistin und Schriftstellerin Sophie Kaskel, geboren in Dresden, erhielt Klavierunterricht bei Adolph Henselt und Johann Peter Pixis sowie Kompositionsunterricht bei Ferdinand Hiller. Ihre Eltern, jüdischer Konfession, ließen Sophie und ihren Bruder 1824 evangelisch taufen. Vermutlich trat Sophie Kaskel in Dresden nur in privaten Kreisen auf, vor allem auf den großbürgerlichen musikalischen Gesellschaften ihres Elternhauses und im Haus ihres Bruders, dem Bankier und Komponisten Carl Kaskel. Ihre Familie stand mit vielen Musikern ihrer Zeit, besonders aus Leipzig und Dresden, in Kontakt, so auch mit der Familie Wieck, mit Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann, Frédéric Chopin oder Giacomo Meyerbeer. 1840 heiratete Sophie Kaskel, nach unglücklicher Schwärmerei für Henselt, Wolf Heinrich Graf von Baudissin (1789–1878), dieser war Diplomat im dänischen Staatsdienst und wirkte ab 1827 als Schriftsteller und Übersetzer, u.a. arbeitete er an der Shakespeare-Übersetzung Tiecks und Schlegels mit. Das Paar lebte in Dresden sowie in einer Villa in Wachwitz bei Dresden und bildete einen Treffpunkt vieler Künstler. Sophie Kaskel veröffentlichte Anfang der 1840er mehrere Kompositionen und wirkte während ihrer Ehe als Autorin von Kinder- und Jugendbüchern. Erst nach dem Tod ihres Ehemannes setzte sie ihre Kompositionstätigkeit fort und veröffentlichte ab 1884 weitere Werke.

Sophie Kaskel und Clara Wieck freundeten sich in den 1830ern an. Als Clara Wieck im Winter 1830/31 eine Konzertreise nach Dresden unternahm, spielte sie auf einer musikalischen Abendgesellschaft des Grafen Baudissin, damals noch in erster Ehe mit Friederike Juliane von Baudissin (1784–1836) verheiratet, und übersandte ihm wenig später ihr Op. 1. Von Mai bis September 1834 war Clara Wieck nochmals in Dresden, um Gesangs- und Theorieunterricht zu nehmen. Vermutlich in dieser Zeit, oder schon 1831, lernte sie Sophie Kaskel auf den dortigen musikalischen Soireen der Kaskels und Baudissins kennen. Beide musizierten vierhändig zusammen, wobei Clara Wieck am 17. Mai 1834 in ihrem Tagebuch festhielt: „Ich spielte das Concert, das Notturno und die Etuden von Chopin, meinen Concertsatz und sang ein Lied. Sophie Kaskel verlor durch mein Spielen der Chopinschen Sachen ganz die Lust, das Clavier wieder aufzumachen.“ (Jugendtagebücher, S. 159 f.). Sophie Kaskel zeigte sich von Clara Wiecks Spiel „entzückt“ (ebd., S. 160) und Clara wiederum lobte sie als „geübte Dilletantin“ (ebd., S. 161).

1836 unternahm Clara Wieck eine weitere Konzertreise nach Dresden, wo sie auch die zweiwöchentlich stattfindenden „Klavierkränzchen“ des Hofkapellmeisters Carl Gottlieb Reißiger (1798–1859) besuchte und die Zuhörenden durch ihr (auswendiges) Spiel zu Tränen rührte (vgl. ebd., S. 207). Zu den Mitgliedern dieser „Klavierkränzchen“ zählte auch Sophie Kaskel, im privaten Kreis wurden hier Klavier- und Kammermusikwerke aufgeführt. Über ihr Spiel, im Hause ihrer Eltern, äußerte Clara: „Sophie Kaskel spielte Einiges und zeigte sich als die seelenvollste hiesige Spielerin. Auch viel Talent zur Composition hat sie.“ (ebd., S. 211). Eine kleine witzige Anekdote ist, dass Sophie Kaskel am 9. Februar 1836 in Dresden an Claras Stelle in ein abonniertes Theaterstück ging, damit Clara sich heimlich mit Robert Schumann treffen konnte (was Friedrich Wieck sehr verärgern sollte).

Clara Wieck widmete ihrer Freundin die Quatre Pièces caractéristiques op. 5. Als Clara und Robert Schumann 1844 nach Dresden zogen, waren sie regelmäßig zu Gast bei den Baudissins, und Sophie wurde Patin des 1848 geborenen Ludwig Schumann.

Vgl. Clara Wieck, Jugendtagebücher 1827‒1840, hrsg. von Gerd Nauhaus und Nancy B. Reich unter Mitarbeit von Kristin R.M. Krahe, Hildesheim 2019.
Vgl. Silke Wenzel: Artikel „Sophie von Baudissin“, in: MUGI. Musikvermittlung und Genderforschung: Lexikon und multimediale Präsentationen, hg. von Beatrix Borchard und Nina Noeske, Hochschule für Musik und Theater Hamburg, 2003ff. (Stand: 9.8.2010). Online unter: https://mugi.hfmt-hamburg.de/artikel/Sophie_von_Baudissin.html [2.9.2020].

(Theresa Schlegel, 2020)