Livia Frege geb. Gerhardt (1818–1891)

Die in Gera geborene Sängerin Livia Gerhardt gab ihr Leipziger Debut 1833. Im folgenden Jahr studierte sie in Dresden bei Wilhelmine Schröder-Devrient und wurde 1835 am Königstädtischen Theater in Berlin engagiert. 1836 heiratete sie den Juristen und späteren Leipziger Universitätsprofessor Richard Woldemar Frege. Nach ihrer Heirat trat sie nur noch gelegentlich im Konzert auf. Clara Schumann schrieb im Oktober 1840, sie habe Livia Frege nach langer Zeit wieder gehört, und lobte ihre schöne, klangvolle Stimme. Nach einem Besuch des Ehepaars Frege im Januar 1841 bemerkte sie, dass beide ihr im näheren Umgang immer besser gefielen.


Schumanns waren häufig zu Gesellschaften bei Freges eingeladen und umgekehrt. 1843 sang Livia Frege die Titelpartie von Schumanns Das Paradies und die Peri in der Leipziger Uraufführung. Sie nahm jede Gelegenheit wahr, Schumannsche Kompositionen zu hören, und berichtete Clara in ihren Briefen u.a., dass sie 1859 selbst das Gretchen, die Sorge und weitere Soli in den Faust-Szenen gesungen hatte, oder sie erzählte von der Leipziger Genoveva-Aufführungen.

1875 reiste daraufhin Clara eigens nach Leipzig, um sich die Inszenierung anzusehen. Livia ihrerseits fuhr im März 1863 extra nach Hannover, um die Faust-Szenen unter Joseph Joachim mitzuerleben. Bereits 1859 hatte sie nach dem Zusammensein mit Clara an diese geschrieben: „Wie schön ist doch das Gefühl eines innigen Sichverstehens – glaube mir ich durchlebe so treu alle die Gefühle, die Dich bewegen, mit Dir, in meinem Herzen. […] Könnte ich Dich nur zuweilen hören, es ist eben doch die schönste Freude für mich...“ Clara Schumann vermochte es auch, Livia für die Werke von Johannes Brahms zu begeistern, spielte ihr diese vor oder Livia sang die Lieder vom Blatt. Freges nahmen Clara oft gastlich auf und diese reiste 1886 nach Leipzig, um an der Goldenen Hochzeit des Ehepaars Frege teilzunehmen.

Nach dem Tod Livias 1891 äußerte Clara in einem Brief an Frau von Holstein: „Ach, der Verlust ist groß! ich habe in ihr die älteste Freundin und die treueste Kunstgenossin verloren. Wie haben wir uns in Allem und Allem verstanden, wie stimmten unsere Anschauungen des Lebens und der Kunst überein! wie theilten wir die Begeisterung für das Hohe in der Kunst und den Abscheu gegen die Verwilderung der Neuzeit. […]“
Im Tagebuch schrieb sie: „Mit Livia ist alles, was mich noch an Leipzig kettete, geschwunden; ich würde mich dort, mehr als irgendwo, als Fremde jetzt fühlen, eben weil ich dort geboren, alle die schönsten Jugenderinnerungen dort haften – alle die Menschen von damals, sie sind fort, todt.“

(J.M.N.)