Schumannquintett mit Leif Ove Andsnes und dem Artemis Quartett
Fono Forum, Das Klassik-Magazin, November 2007
Seite 83
Das alte, hohe Artemis-Niveau
Im Jahr seines 18. Geburtstags erlebte das Artemis-Quartett einen tief greifenden Umbruch: Bratscher Volker Jacobsen und Geiger Heime Müller haben das Ensemble aus familiären beziehungsweise gesundheitlichen Gründen verlassen – und werden nun durch Friedemann Weigle (Gründungsmitglied des Petersen-Quartetts) und Gregor Sigl ersetzt. Wie sich die „neue Mitte“ langfristig auswirkt, wird sich zeigen; der erste öffentliche Auftritt der neuen Formation bei den Salzburger Festspielen wurde bereits Ende August mit großem Beifall aufgenommen.
Die vorliegende Aufnahme des Quartetts ist Ende letzten Jahres in der alten Besetzung entstanden und stellt das herausragende Artemis-Niveau noch einmal eindrücklich unter Beweis: Gemeinsam mit dem vorzüglichen norwegischen Pianisten Leif Ove Andsnes gelingen dem Ensemble zwei maßstäbliche Interpretationen der Klavierquintette von Schumann und Brahms. Jedes Motiv und jede Linie sind hier beseelt ausgesungen und zugleich äußerst homogen in den Zusammenhang eingeschmiegt; dabei werden die reichen dynamischen Differenzierungen der Partituren ebenso sorgfältig umgesetzt wie ihre klanglichen Abstufungen. Die Bandbreite reicht vom zartesten Pianissimo-Wispern bis zur gewaltigen Klangfülle von gleichsam orchestraler Opulenz und ist nur selten in einer so hell durchscheinenden Transparenz zu hören wie hier. Kurzum: eine berückend schöne Einspielung zweier berückend schöner Meisterwerke der Kammermusik. Mögen diese beispielhaften Darbietungen als gutes Omen und Inspirationsquelle für den neuen Lebensabschnitt des Ensembles lange in Erinnerung bleiben.
Marcus Stäbler
Musik *****
Klang *****
Schumann, Brahms, Klavierquintette;
Leif Ove Andsnes (Klavier), Artemis-Quartett (2006)
Virgin/EMI CD 094639514320 (68’)