Genoveva op. 81.

Robert Schumann (1810-1856)

Stuttgart 1951. Friederike Sailer, Franz Fehringer, Willi Wolf, Hetty Plümacher. Südfunk Vokalensemble Stuttgart & Radio Sinfonie-Orchester Stuttgart. Hans Müller-Kray (Ltg.) Walhall Eternity Series, 2009 2 CDs, WLCD 2062

Genoveva 1951 – eine Überraschung!
Zum Spottpreis von 4,99 € bietet der Zweitausendeins-Versand neuerdings eine Gesamtaufnahme des englischen Labels Archipel Ltd. (Walhall Eternity Series) von Schumanns Genoveva mit dem Südfunk-Vokalensemble und dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart unter dessen langjährigem Chefdirigenten Hans Müller-Kray (†1969) an, dem seinerzeit über 30 Opernproduktionen im Stuttgarter Südfunk-Studio Villa Berg zu danken waren. Die Genoveva entstand 1951, also im selben Jahr, da Gustaf Gründgens’ und André Cluytens’ legendäre Darbietung beim Maggio Musicale Fiorentino über die Bühne ging, und 10 Jahre früher als die bisher für die erste Gesamtaufnahme gehaltene (italienischsprachige) Plattenproduktion unter Vittorio Gui (Turin 1961).

Von den Mitwirkenden dürfte wohl nur die Sängerin der Titelpartie, die Sopranistin Friederike Sailer (* 1926) noch am Leben sein, doch haben wir es hier mit einer bemerkenswerten Wiederentdeckung zu tun: Die mit einem (etwas über-pathetischen) gesprochenen Kommentar versehene, offenbar konzertant entstandene Aufnahme wird dem raren Werk durchaus gerecht – besser als der schon 1950 mit der wunderbaren Inge Borkh als Margaretha produzierte Querschnitt, der an der Auswahl der übrigen Sänger-Protagonisten krankt. In der Stuttgarter Genoveva sind das außer Friederike Sailer die Altistin Hetty Plümacher (Margaretha), der Tenor Franz Fehringer (Golo) und der Bariton Willi Wolf (Siegfried), die durchweg überdurchschnittliche Leistungen bieten.

Der Zuschnitt der Interpretation – das wird bereits in der Ouvertüre deutlich – ist durchaus dramatisch, ja gelegentlich fast zu ”flott“ (worunter aber die vorbildliche Textverständlichkeit nicht leidet), und betont dadurch diese Schumann öfter zu Unrecht abgesprochenen Züge des Werkes. Hervorheben möchte man das aus dem Volkslied ”Wenn ich ein Vöglein wär“ erwachsende, die kontroversen Gefühle des ungleichen Paares widerspiegelnde Duett Golo-Genoveva im 2. Akt und den harmonisch wundersamen Beginn des 4. Akts mit Genovevas Arie ”Die letzte Hoffnung schwindet“.

Bedauerlich nur, dass die Aufnahme etliche, für eine konzertante bzw. Studioproduktion ganz unnötige Striche (besonders im Schlussteil des 4. Akts) aufweist. Statt dessen hätte man auf die als ”Bonus“ beigefügte Live-Aufnahme von 1957 des Schumann-Klavierkonzerts mit Rudolf Serkin und dem Scarlatti- Orchester Neapel unter Franco Caracciolo gern verzichtet – allein schon der teils grauenhaften Tonqualität wegen.
Die Stuttgarter Genoveva erklingt demgegenüber in passabler (remasterter) Qualität. Das Booklet-Faltblatt freilich entbehrt fast jeden Informationswerts und verschweigt sogar die Zeitdauer der einzelnen Takes.

(Gerd Nauhaus)