Wohltönend zum Jubiläum
Fono Forum, August 2010, Seite 95
Es ist in den Aufnahmestudios schon länger still geworden um Thomas Hampson. Dabei war der Bariton in den letzten zwanzig Jahren einer der meistaufgenommenen Sänger. Umso schöner, dass jetzt, passgenau zum 200. Schumann-Geburtstag, ein vor drei Jahren in München mitgeschnittenes Liedprogramm auf DVD erscheint. Man muss bei diesem Konzert im Prinzregententheater nicht unbedingt hinsehen, so toll ist die Kameraarbeit nicht, doch die Vortragsfolge ist hörenswert, wenn auch nicht überraschend. Schließlich hat sich der so europäisierte Amerikaner lange schon mit der „Dichterliebe“ – jetzt wieder korrekt Gesänge aus Heines „Lyrischem Intermezzo“ betitelt – und den 12 Gedichten op. 35 beschäftigt, sie auch eingespielt. In der Originalversion ist die „Dichterliebe“ vier Lieder länger, Hampson singt sie konzentriert, gereift, dabei sensibel den jeweiligen Stimmungen hinterherhorchend, auch mit wachem Sinn für Heines romantische Ironie. Seine genuin lyrische Stimme ist dunkler geworden, auch ein wenig härter, aber immer noch flexibel bis in die kleinsten Nuancen. Gereift präsentiert er sich als nach wie vor entspannt ausdrucksmächtiger Liedgestalter. Neben der Kohorte britischer Liedbegleiter kann sich Hampsons bevorzugter Pianopartner Wolfram Rieger mit feinem, reaktionsschnellem Ton behaupten, der durchaus eigene Akzente setzt.
Manuel Brug
Schumann, Lieder; Thomas Hampson, Wolfram Rieger (2007);
Medici Arts/Naxos DVD 880242725080 (84’)