Studien zur Biographie und zur Klavierpädagogik.
Cathleen Köckritz: Friedrich Wieck.
(Studien und Materialien zur Musikwissenschaft, Bd. 44.)
609 S., Notenbeisp., Broschur.
Hildesheim · Zürich · New York: Georg Olms Verlag, 2007
ISBN: 978-3-487-13194-8
Friedrich Wieck, Musiker, Musikpädagoge, Vater der legendären Pianistin Clara Wieck-Schumann und Schwiegervater von Robert Schumann, gilt als ausgesprochen schillernde Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts. Doch bereits die zeitgenössische Berichterstattung stellte die Weichen für die bis heute andauerende Beschäftigung mit Leben und Wirken dieses vor 135 Jahren vestorbenen Mannes. Recht kontrovers wird er da beurteilt, gerne als „geheimnisumwittert” dargestellt. Sowohl seine menschlichen Eigenschaften als auch seine Lehrmethoden sind von jeher viel umstritten. Cathleen Köckritz hat sich dieser Thematik in vorliegender Studie umfassend angegenommen. Jahrelange gründliche Recherchen, Forschungs- und Reifungsprozesse gingen dem voraus. Indem sie die einzelnen Facetten der Persönlichkeit Wiecks in die gesellschaftlichen und kulturellen Normen der Zeit einbettet und seinen Lebens- und Arbeitsbedingungen nachgeht, entwirft sie unter Sichtung und Auswertung zahlreicher Quellen ein nahezu vollständiges Bild des Künstlers und seiner Epoche. Nicht -- wie häufig geschehen -- reduziert auf sein „Aushängeschild”, die Meisterschülerin Clara, auf sein Dasein als Kontrahent Robert Schumanns und auf sein meist als verbittert und egozentrisch beschriebenes Verhalten gegenüber der Eheschließung seiner Tochter mit dem jungen Komponisten.
Zahlreiche Biographien oder biographische Artikel zu Friedrich Wieck wurden seit 1838 verfasst, die in den meisten Fällen nicht mehr den heutigen Ansprüchen genügen. Dass Wieck über einen Zeitraum von 65 Jahren unterrichtete, innovative und grundlegende Methoden der Musikpädagogik im 19. Jahrhundert entwickelte sowie über die jahrelangen, erfolgreichen Auftritte seiner Töchter Clara Wieck-Schumann und Marie Wieck nicht nur große Popularität und Bedeutung erwarb, sondern Generationen von Pianisten prägte, ließ eine umfassende, von Klischees und familiären Streitereien losgelöste Betrachtung dieser bedeutenden Persönlichkeit schon längst überfällig werden. Alleine 200 größtenteils unveröffentlichte Briefe wertet Köckritz aus, die bislang in der Literatur kaum Beachtung fanden. Hinzukommen autobiographische Schriften und Tagebücher Wiecks, in denen er offensichtlich seine gesamte Vita ausführlich dokumentierte. Vor allem diese dienen als aufschlussreiche Quelle, sind aber nur noch fragmentarisch vorhanden. Nicht zuletzt werden die im Zwickauer Schumannhaus aufbewahrten Konzertprogrammsammlungen von Clara und ihrer ebenfalls konzertierenden Halbschwester Marie Wieck herangezogen, lassen sie doch durch die Aufschlüsselung des Repertoires Rückschlüsse auf Wiecks Unterrichtsmethoden und - inhalte zu.
Köckritz unterteilt ihr Buch sinnvoll in zwei Großabschnitte. Mit der Biographie Wiecks befasst sie sich zunächst, indem sie von dessen Schul- und Studienjahren über seine Tätigkeit als Hauslehrer und später als Pädagoge in Leipzig und Dresden bis hin zu seinem Wirken als Musikschriftsteller alle Details beleuchtet Der zweite Teil widmet sich Wiecks Klavierpädagogik, deren Konzeption, Methodik und Rezeption ausführlich, eingebettet in den Kontext der Epoche, nachgegangen wird.
Ein bibliographischer Anhang zu Quellen und Sekundärliteratur rundet die äußerst gelungene Darstellung ab. Das Personenregister erleichtert den Umgang mit diesem Buch und seiner ungeheuren Fülle an Informationen.