Robert Schumann und die Sonate I

Florian Uhlig, Piano
Stuttgart / Holzgerlingen: hänssler CLASSIC, 2010
LC 06047, CD 98.603

Robert Schumann
Sämtliche Werke für Klavier und Orchester
Florian Uhlig, Klavier
Deutsche Radio Philharmonie, Christoph Poppen
Stuttgart / Holzgerlingen: SWR music. hänssler CLASSIC, 2010
LC 10622, CD 93.264

Mit diesen beiden CDs startet der junge, aus Düsseldorf stammende Pianist Florian Uhlig ein ambitioniertes Projekt: eine Gesamteinspielung von Schumanns Werken für Klavier solo und mit Orchesterbegleitung auf insgesamt 15 CDs. Während letztere auf einer einzigen CD Platz finden, wird im zahlenmäßig deutlich größeren Bereich der Solo-Klaviermusik unter dem Titel „Schumann und die Sonate I“ zunächst ein erster Teil vorgelegt

Interessanterweise trägt keines der eingespielten Werke die Bezeichnung „Sonate“ im Titel, dennoch gehören sie zweifellos zu dieser Gattung. Das Concert sans Orchestre f-moll op. 14 (Uhlig wählt die Frühfassung von 1836), samt einiger noch nicht eingespielter Paralipomena (darunter neben dem 1866 von Johannes Brahms herausgegebenen Scherzo einige von Joachim Draheim und Florian Uhlig ergänzte Fragmente) sowie die Franz Liszt gewidmete Fantasie CDur op. 17, die wie kaum ein anderes Werk Schumanns innovativen Ansatz zur Neuerfindung der althergebrachten Sonatenform zeigt.

Auch im Bereich für Klavier und Orchester wartet Uhlig keinesfalls nur mit den bekannten drei Werken auf. So spielt er neben Schumanns berühmtem Klavierkonzert a-moll op. 54, dem Konzertstück Introduktion und Allegro appassionato G-Dur op. 92 und dem Konzert-Allegro mit Introduktion d-moll op. 134 auch den 1986 durch Jozef De Beenhouwer ergänzten und 1988 von Joachim Draheim veröffentlichen Konzertsatz d-moll von 1839 sowie eine 2010 von Draheim rekonstruierte, von Schumann geplante Fassung für Klavier und Orchester der Abegg-Variationen in Ersteinspielung (als Klaviersammlung Schumanns Opus 1). Unterstützt wird Florian Uhlig durch die Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken / Kaiserslautern, die Christoph Poppen ebenso präzise wie einfühlsam leitet.

Die pianistische Leistung Florian Uhligs ist in beiden Fällen bemerkenswert. Reif und souverän kommt er den unterschiedlichen Anforderungen nach. Schließlich geht es bei Schumann nicht nur um eine Bewältigung der hohen technischen Schwierigkeiten, sondern auch und ganz besonders um die Fähigkeit des emotionalen wie intelligenten Einfühlens in die meist höchst komplizierten Strukturen. Hier trifft Uhlig fast immer das richtige Maß.Weder verfällt er in Gefühlsduselei, noch – wie leider junge Pianisten häufig bei Schumann – in pure Tastenakrobatik.
Zwar wählt er die Tempi dort, wo es möglich ist, besonders schnell, jedoch nie auf Kosten der musikalischen Struktur. So entfaltet Schumanns Klaviermusik all ihre Facetten. Ein großartiger Auftakt, auf die Fortsetzung freut man sich jetzt schon. Die umfangreichen Booklets zu beiden CDs, verfasst von Joachim Draheim, erläutern die zum Teil reichlich verwickelten Entstehungsgeschichten der Werke und liefern aufschlussreiche Erklärungen hinsichtlich der rekonstruierten und ergänzten Stücke.


(Irmgard Knechtges-Obrecht)