Im Klammergriff des Begehrens
EURO THEATER István Szabó K. inszeniert "Schumanns Nacht"
Zur deutschen Uraufführung des Schauspiels „Schumanns Nacht“ des dänischen Autors Sven Holm im Rahmen des Endenicher Herbstes 2006 im EURO THEATER CENTRAL BONN am 30.Oktober 2006-11-04
Bonner General-Anzeiger, 31.10.2006, S. 16
Von Elisabeth
Einecke-Klövekorn
Aus dem Bett sprießen silberweiße Blumen, als wär's ein Grab. Ein Metronom tickt unerbittlich. Schumann kauert zusammengesunken am Fußende des Bettes. Clara gleitet langsam vor dem riesigen Zifferblatt im Hintergrund vorbei wie die Figur eines mittelalterlichen Totentanzes. Es ist diese gefährlich schöne romantische Kunstwelt aus Traum und Todessehnsucht, in der der Regisseur István Szabó K. im eleganten, klaren Bühnenbild von Bernhard Kremser "Schumanns Nacht" in den grausamen "Seelenschlaf" münden lässt, vor dem der Komponist sich lange gefürchtet hatte. Der dänische Autor Sven Holm, hat kein Dokumentarstück über die letzten Lebensjahre Robert Schumanns geschrieben, sondern Bilder von der Schmerz- und Schattenseite eines Lebens in der Musik, flirrend zwischen gespenstischer Groteske und hilfloser Verzweiflung.
Bernd Kretschmer, Leiter des Dänischen Kulturinstituts in Bonn, hat das poetische Nachtstück übersetzt, das im Euro Theater Central in Anwesenheit des Autors seine begeistert gefeierte deutsche Erstaufführung erlebte. Zum 150. Todesjahr Schumanns hat das Bonner Festival "Endenicher Herbst" seine zeitgenössische Auseinandersetzung mit dem in Bonn-Endenich gestorbenen großen Komponisten zum ersten Mal in die moderne Dramatik ausgeweitet. Auf der Bühne geht es um den Selbstverlust eines Menschen. Johannes K. Prill spielt Robert Schumann, den Träumer und Liebenden, den geistreichen Intellektuellen und melancholischen Tondichter. Spöttisch wehrt er die Sorgen der anderen ab, während in seinen Augen schon die nackte Angst irrlichtert. Zärtlich umarmt er seine Frau (Doris Lehner als bezaubernd schöne, bei aller Stärke sehr verletzliche Clara Schumann, zerrissen zwischen weiblicher Hingabe und selbstbewusstem Künstlertum) mit dem Klammergriff des erotischen Begehrens und eines im Meer der öffentlichen Pflichten Ertrinkenden. Die Wasser-Metaphorik ist bis zum Seebad Oostende ein Strang im vielschichtigen Text.