Robert Schumann und die große Form.

Referate des Bonner Symposions 2006. Herausgegeben von Bernd Sponheuer und Wolfram Steinbeck. Bonner Schriften zur Musikwissenschaft 8 236 S. Frankfurt a.M., Berlin, Bern, et al.: Peter Lang, 2009 ISBN: 978-631-58013-4

Aus dem letzten Schumann-Gedenkjahr stammt dieser Band der Bonner musikwissenschaftlichten Reihe, der sämtliche Referate des 2006 in Bonn durchgeführten Symposions Robert Schumann und die große Form vereinigt. Tatsächlich scheint sowohl für Musikforscher als auch für interessierte Laien lange Zeit kaum etwas unvorstellbarer gewesen zu sein, als dass Robert Schumann – jener unbestrittene Meister des kleinen lyrischen Charakterstücks und des Klavierlieds – auch in großen Formen denken und komponieren konnte. Seinen Sinfonien, den Solokonzerten, vor allem aber seiner einzigen Oper Genoveva stand man von jeher recht kritisch gegenüber. Urteile bedeutender Musikwissenschaftler des vergangenen Jahrhunderts hielten sich beständig und mutierten oftmals ungewollt zum Vorurteil. Verdientermaßen und immer noch auch notwendig scheint insofern die eingehende Beschäftigung mit diesem Thema im Rahmen einer ihm ausschließlich gewidmeten Tagung. Weckt die Grundidee an sich schon die Neugier des interessierten Schumannianers, lösen die in vorliegendem Band festgehaltenen Ausführungen die damit verbundenen Hoffnungen fast ausnahmslos ein.

Mit dem weiten Feld der Sinfonie, an deren Schöpfung alle Komponisten nach Beethoven zweifellos gemessen wurden, beschäftigen sich zahlreiche Beiträge. Der gelungenen Auswahl ist es zu verdanken, dass sich ein breites Spektrum eröffnet, dass Schumanns Bestreben durchaus gerecht wird. Da werden die ”echten“ Sinfonien Schumanns in direkte Beziehung zu Beethovens Sinfonik – dem ”Maß aller Dinge“ – gesetzt: ”Mißglückter Befreiungsschlag oder bewältigte Einfluß-Angst? Schumanns Umgang mit Beethoven in der zweiten Symphonie C-Dur op. 61“ (Hans-Joachim Hinrichsen), ”Forminterne Eigenzeiten und narrative Strukturen“ im  ”Werkkonzept der d-Moll-Symphonie op. 120“ erläutert (Siegfried Oechsle) oder auch ”Der Weg ins Freie“ beschrieben, den Schumanns durch ”Die Überwindung der Viersätzigkeit“ in seiner Rheinischen Symphonie op. 97 ”zugunsten eines neuen, narrativen Symphonietypus“ beschreitet (Martin Geck). Aber auch Schumanns früher, nicht vollendeter Versuch in seiner so genannten ”Zwickauer“ Symphonie ist Gegenstand aufschlussreicher Untersuchungen (Peter Gülke) sowie die eigenwillige Mischform in der  von Wolfram Steinbeck unter dem Aspekt ”Befreiung von der Viersätzigkeit“ betrachteten Sinfonietta op. 52. Einleitend liefert Bernd Sponheuer in ”Schumanns Blick auf die Symphonie“ grundsätzliche  Überlegungen.

Die ”Große Form als thematische Dramaturgie“ erkennt Arnfried Edler in seinen ” Überlegungen zum Kopfsatz von Schumanns Klavierkonzert a-Moll op. 54“, während Gerd Nauhaus ”Schumanns Konzert-Ouvertüren ,am Rande der großen Form’“ beleuchtet. Einer schumannschen Spezialität widmet sich Ulrich Konrad in ”Musik und ,liturgische’ Inszenierung“ im Requiem für Mignon op. 98 b“. Schumanns chorsinfonische Werke werden unter dem Aspekt ”Schumann als Erzieher“ im Beitrag von Helmut Loos betrachtet. Grundlegende Untersuchungen zum Thema ”Schumann und der Orchesterklang“ (Peter Jost) sowie zum Gegensatz der ”Erinnerungslogik und Entwicklungslogik bei Schumann“ (Berthold Hoeckner) runden diesen mit interessanten und vielfältigen Details angereicherten Band ab, der auch dem interessierten Laien einige gut lesbare neue Ansätze und Informationen liefern wird.