Robert Schumann op. 92
Robert Schumann: Introduktion und Allegro appassionato. Konzertstück für Klavier und Orchester. G-Dur op. 92
Introduktion. Langsam
Allegro
Vier Jahre nachdem Schumann sein berühmtes Klavierkonzert op. 54 vollendet hat, entsteht in Dresden im September des überaus produktiven Jahres 1849 ein Konzertstück für Klavier und Orchester. Sicherlich ist Clara Schumanns Wunsch nach einem weiteren konzertanten Werk ihres Mannes fördernd. Spontan bemerkt sie in ihrem Tagebuch über das frisch skizzierte Stück: „Ich freue mich sehr darauf, es zu spielen – sehr leidenschaftlich ist es, und gewiß werde ich es auch so spielen. Die Introduktion, die mir ganz klar geworden [...] ist sehr schön, die Melodie eine tief empfundene, – das Allegro muß ich erst noch genauer kennen, um einen vollkommenen Eindruck davon zu haben.“
Sie ist dann auch die Solistin bei der Uraufführung des Konzertstücks im Leipziger Gewandhaus am 14. Februar 1850 unter der Leitung von Julius Rietz. Das Publikum zeigt sich wenig begeistert. Ob dies zum Teil mit Clara Schumanns Indisposition zu begründen ist, sei dahingestellt. Jedenfalls erzielt das Stück allenfalls einen Achtungserfolg. Erst eine zweite Aufführung am 13. März 1851 im Geislerschen Saal in Düsseldorf, bei der Robert Schumann selbst dirigiert und seine Frau wiederum den Solopart übernimmt, findet deutlich wärmere Resonanz. Beide Male wird aus dem Manuskript gespielt: Erst 1873, lange nach Schumanns Tod, erscheint die vollständige Partitur bei Breitkopf & Härtel in Leipzig. Das Konzertstück op. 92 erreicht jedoch auch danach nicht die Popularität des Klavierkonzerts.
Rhythmische Verschiebungen zwischen den einzelnen Stimmen führen in der Introduktion zu reizvollen echoartigen Effekten. Obwohl Schumann die Blasinstrumente fast solistisch exponiert, behält das eigentliche Solo-Instrument Klavier durch seine ständig präsenten Akkordfigurationen die dominierende Rolle. Im Allegro appassionato emanzipiert sich das in der Introduktion vorgestellte motivische Material zu regelrechten Themenbildungen. Elementare Bedeutung erlangt dabei das durch rhythmische Prägnanz und dynamische Akzente energisch auftretende Kopfthema. Als beinahe reines Klaviersolo erklingt ein kantables Seitenthema. Nach der konzentriert gearbeiteten Durchführung bestätigen sich im Schlussteil eine außerordentliche Symmetrie und motivische Geschlossenheit dieses Konzertstücks. In gewisser Weise realisiert Schumann hier jene Idee des Konzerts für zwei musikalisch eng ineinander verschränkte Klangkörper, wie er sie bereits im Januar 1839 formuliert hat, als „ein Mittelding zwischen Symphonie, Concert u. großer Sonate [...] kein Concert [...] für den Virtuosen.“
(Irmgard Knechtges-Obrecht)