Robert Schumann op. 86

Robert Schumann

Konzertstück F-Dur für vier Hörner und großes Orchester op. 86

I. Lebhaft
II. Romanze. Ziemlich langsam, doch nicht schleppend
III. Sehr lebhaft 

Sein „fruchtbarstes Jahr“ nennt Schumann selbst 1849 und bezieht sich damit sicherlich nicht nur auf die wirklich erstaunliche Fülle seiner Kompositionen, sondern auch auf deren Vielfalt. Diverse Gattungen, Formen und Instrumente erprobt er in ihren verschiedensten Möglichkeiten und Kombinationen. „Etwas ganz curioses“ ist ihm ̈C nach seinen eigenen Worten ̈C in diesem Jahr auch eingefallen: Das Konzertstück für vier Hörner und großes Orchester. Die Verwendung eines solchen Solistenquartetts ist zu Schumanns Lebzeiten eher ungewöhnlich, erinnert aber äußerlich an die alte Concerto-Grosso-Praxis des Konzertierens zweier unterschiedlich stark besetzter, dynamisch oder klanglich divergierender Instrumentalgruppen. Im Februar 1849 beginnt Schumann in Dresden mit der Skizzierung seines Konzertstücks, dessen Instrumentierung er bereits am 11. März abschließt. Erst ein knappes Jahr später, am 25. Februar 1850, wird das Werk im Leipziger Gewandhaus uraufgeführt und vom Publikum wohlwollend-interessiert aufgenommen.

Anders als einige seiner Zeitgenossen steht Schumann den seit Beginn des 19. Jahrhunderts mit Ventilen ausgestatteten Hörnern sehr positiv gegenüber. Er erkennt rasch die wesentlich erweiterten spieltechnischen Möglichkeiten, die sich dadurch eröffnen, und setzt ab 1848 die Ventilhörner regelmäßig in seinen Werken ein. Mit der Besetzung von gleich vier dieser Instrumente schafft Schumann einen in doppelter Hinsicht experimentellen Charakter des Konzertstücks op. 86, kann er doch nicht nur spieltechnisch, sondern auch formal quasi Neuland erforschen. Zwar fällt dem relativ hoch geführten ersten Horn häufig die Führungsrolle zu, in zahlreichen Passagen werden aber auch die anderen drei Instrumente der Solistengruppe gleichrangig beteiligt. Nur selten stellt Schumann allerdings das Hörnerquartett deutlich solistisch dem kompakt besetzten Orchester gegenüber, vielmehr betont er deren klanglich abwechslungsreich gestaltetes Zusammenwirken. Im Gesamtergebnis erzielt er ein frisches, farbenfrohes und glänzendes Klangbild.
Eine kurze Einleitung mit aufsteigenden, fanfarenartigen Triolen eröffnet den Kopfsatz aus op. 86, gefolgt von einer markanten Legatofigur. Wiederholt erklingt dieses dialektisch angelegte zweigliedrige Motiv im im weiteren Verlauf des Satzes und wird variierend fort gesponnen. Aufgeteilt zwischen Orchestertutti und Solistenquartett stellt es sich als Hauptthema in der Exposition vor, während der aus einer fallenden Melodielinie entwickelte, lyrisch-kantable Seitensatz von dem Solistenquartett allein gestaltet wird. Als Kontrast und gleichsam belebendes Element taucht immer wieder das Triolenmotiv auf. Im Durchführungsteil dominieren Variationen und Umformungen des ausdrucksvollen Seitenthemas.

Der zweite Satz, eine dreiteilig konzipierte Romanze, lebt von einer volkstümlich-schlichten Melodie in d-moll, die von den Hörnern weich klingend vorgestellt und kanonisch weitergeführt wird. Im B-Dur-Mittelteil dominiert ein feierlich wirkendes, akkordisch gesetztes Thema, dessen reichhaltige Chromatik auffällt. Das dreimalige Erklingen einer Trompeten-Fanfare leitet zum dritten Satz („Sehr lebhaft“) über, der sowohl durch seine schwungvolle Motorik als auch motivisch-thematisch eng mit dem Kopfsatz korrespondiert. In pointierter Rhythmik, kraftvoll vorwärts drängend und mit spritziger Verve erhebt sich das Hauptthema dieses Satzes, dessen Motivik substanziell auch in das Seitenthema einfließt. Die Verbundenheit der einzelnen Sätze untereinander wird ein letztes Mal dadurch gefestigt, dass in der Durchführung des Finales die Thematik aus dem Mittelteil der Romanze in variierter Gestalt im Hörnerquartett erklingt.

(Irmgard Knechtges-Obrecht) 

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