Robert Schumann op. 54

Robert Schumann: Konzert für Klavier und Orchester a-moll op. 54

I. Allegro affettuoso
II. Intermezzo. Andantino grazioso
III. Allegro vivace



Drei große sinfonische Werke entwirft Schumann gleichzeitig im Frühsommer 1841 in Leipzig, eines davon für Klavier und Orchester. Schon mehrfach hatte er sich mit konzertanten Kompositionen beschäftigt. Ergebnisse davon sind einige von ihm selbst nie zur Veröffentlichung frei gegebene und großenteils Fragment gebliebene Konzertsatzversuche. Als erstes ausgereiftes und autorisiertes Werk gilt sein Klavierkonzert a-moll op. 54, das nicht zuletzt in Hinblick auf die außergewöhnlichen pianistischen Fähigkeiten seiner Frau Clara entsteht.

„Vorher möchte ich so gern noch ein Clavierconcert und eine Symphonie schreiben“, notiert Schumann und beginnt direkt nach Abschluss seiner 1. Sinfonie op. 38 im Mai 1841 mit einer „Phantasie für Clavier und Orchester“. Im Sommer wird das Stück „in Ordnung gebracht und zum Spielen fertig gemacht“. Am 13. August 1841 erfolgt im Leipziger Gewandhaus eine Probe dieser „Phantasie“ mit Clara Schumann als Solistin, die festhält: „Ich spielte sie aber zwei mal, und fand sie herrlich! Fein einstudiert muß sie den schönsten Genuß dem Zuhörer bereiten. Das Clavier ist auf das feinste mit dem Orchester verwebt – man kann sich das Eine nicht denken ohne das Andere. Ich freue mich, es einmal öffentlich zu spielen, wo es denn freilich noch ganz anders gehen muß, als in der heutigen Probe.“ Unverzüglich überarbeitet Schumann das Stück, das er zu diesem Zeitpunkt nicht als Kopfsatz eines potenziellen Klavierkonzerts sieht, sondern als ein in sich geschlossenes, eigenständiges Werk. Während der folgenden Jahre scheitern sowohl Schumanns Bemühungen, eine öffentliche Aufführung zu organisieren, als auch, einen Verleger zu finden. Im Frühsommer 1845 schließlich arbeitet er die „Phantasie“ nochmals um, nunmehr zum Kopfsatz des uns heute bekannten Klavierkonzerts. Traditionsgemäß dreisätzig wird es durch das im Mai 1845 skizzierte Intermezzo sowie den zunächst „Rondo“ genannten Finalsatz. Clara Schumann bestreitet auch den Solopart in der höchst erfolgreichen Uraufführung am 4. Dezember 1845 in Dresden unter der Leitung des Widmungsträgers Ferdinand Hiller.

Nach drei Einleitungstakten mit kraftvoll zupackenden Akkorden des Klaviers stimmen die Holzbläser leise die ausdrucksvolle, elegische Melodie des Hauptthemas an. Ein Seitensatz bringt statt des erwarteten eigenständigen Themas eine Variante des Hauptthemas, zunächst im Dialog zwischen Klarinetten und Klavier. Diese monothematische Konzeption verschärft sich immer mehr. An die ursprüngliche Fantasie-Version dieses Eröffnungssatzes erinnert die einschneidende Zäsur zu Beginn des Durchführungsabschnittes: Im harmonisch weit entfernten As-Dur als „Andante espressivo“ entwickeln wiederum Klavier und Klarinetten als lyrische Kantilene eine Variante des Ausgangsthemas. Auch das neue Motiv der dreigeteilten Solo-Kadenz wird rasch vom dominanten Hauptthema verdrängt. Außerhalb dieser Kadenz finden sich im gesamten Eröffnungssatz weder umfangreiche Solostellen noch längere Orchesterpassagen. Vielmehr löst Schumann hier sein ästhetisches Ideal ein, die beiden Klangkörper eng miteinander zu verzahnen. Ein wesentliches Merkmal dieses Konzerts, das Clara Schumann sofort erkannte.

Besonders weich und melodisch, im Orchester um Oboen, Trompeten und Pauken reduziert zeigt sich das an zweiter Stelle stehende Intermezzo. Durch einen „Attaca“-Übergang schließt sich unmittelbar das Finale mit feurig-tänzerischem Elan an. Auch hier taucht immer wieder das prägnante Hauptthema des Kopfsatzes auf. Substanzielle Verknüpfungen zwischen den beiden Ecksätze erzielen zudem eine zyklische Bindung. Gerade der Schluss-Satz besticht durch reizvolle metrische Klippen, was vor allem den Dirigenten der ersten Aufführungen einige Mühe bereitete. Ebenso stellt der Klavierpart durch seine brillante Ausgestaltung zweifelsohne hohe technische Anforderungen. Dennoch gehört Schumanns Klavierkonzert seit langer Zeit zu den meist-aufgeführten und ist mittlerweile zum Inbegriff des romantischen Klavierkonzerts schlechthin geworden.

(Irmgard Knechtges-Obrecht)