Robert Schumann op. 44
Robert Schumann: Klavierquintett Es-Dur op. 44
I. I. Allegro brillante
II. In Modo d'una Marcia. Un poco largamente. Agitato
III. Scherzo. Molto vivace
IV. Allegro, ma non troppo
Kaum hat Robert Schumann 1842 die höchst erfolgreiche Uraufführung seiner drei Streichquartette op. 41 erlebt, arbeitet er schon an einem neuen Kammermusikwerk. Es ist das Klavierquintett op. 44. Gewiss denkt er bei dieser damals doch höchst ungewöhnlichen Kombination von Klavier und Streichquartett an seine Ehefrau Clara Schumann, die hervorragende Pianistin und spätere Widmungsträgerin. „Ein herrliches Werk, [...] dabei äußerst brillant und effectvoll“ urteilt diese schon nach einer ersten Probe. Kann sie da schon ahnen, dass dieses Klavierquintett einmal zu den bedeutendsten Kammermusiken des Jahrhunderts zählen wird? Hier etabliert sich ein Gattungstypus, den Brahms, Dvořák, Franck und viele andere später weiterführen. Ein einheitlicher Charakter innerhalb eines Satzes sowie eine „innigere Verbindung und Beziehung zwischen [den] Sätzen“ beschreibt Schumann sein Idealbild.
Im Klavierquintett löst er diese ästhetische Maxime ein, was nicht zuletzt dessen enormen Erfolg begründet. Nach seiner Uraufführung am 8. Januar 1843 im Leipziger Gewandhaus tritt das Werk einen unaufhaltsamen Siegeszug an. Schon die zeitgenössischen Rezensenten reagieren überschwänglich. Originalität und Erfindungskraft des Komponisten werden hoch gelobt!
Ein energisch auftretendes Hauptthema eröffnet den Kopfsatz, der ganz vom Klavier inspiriert scheint. Das gesamte Werk ist davon durchzogen. Auf reizvolle Weise stellt Schumann die Klangfarben der vier Streicher immer wieder dagegen. Auch das lyrische Seitenthema kann den beherrschenden markanten Beginn des Quintetts nicht verdrängen. Rondoartig kommt der zweite Satz als Trauermarsch in c-moll daher. Dunkel und vorsichtig tastend setzen die Instrumente ein. Seinen dramatischen Höhepunkt erreicht dieser Satz im Agitato, das durchaus als Zentrum des gesamten Werkes zu verstehen ist. Expressiv und höchst erregt durchläuft die Musik hier kühne harmonische Entwicklungen. Gerade an diesem Satz feilt Schumann am längsten. Entscheidende Änderungen werden dabei durch Felix Mendelssohn Bartholdy veranlasst. So schlägt dieser vor, zur erhöhten Wirkung einen lebhafteren Satz an Stelle des zweiten Alternativos einzufügen. Schumann folgt dieser Anregung und komponiert ein Intermezzo („Doppio. Agitato“) hinzu, was Mendelssohn mit höchstem Lob bedenkt! Der eigenwillige Charakter gerade dieses Satzes gibt der Nachwelt reichlich Anlass zu Spekulationen. Tatsächlich lassen sich einige beziehungsreiche Anspielungen in der Musik finden. Ob Schumann sie jedoch bewusst verwendet, sei dahingestellt. Jedenfalls führt besonders dieser Umstand dazu, dass dem gesamten Quintett ein „bekenntnishafter“ Charakter zugeschrieben wird.
Lebhaft aufbrausende Läufe des Klaviers bestimmen das Scherzo. Zwei Trio-Teile bringen deutliche Kontraste: hier sprühende Virtuosität (Trio I in Ces-Dur), dort lyrische Sensibilität (Trio II in as-moll). Das Finale knüpft nicht nur in seinem kraftvoll-zupackenden Gestus, sondern auch thematisch an den Kopfsatz an. Schumann konzentriert sich auf mehrere, heterogene motivische Bausteine: Dreiklangsbrechungen, deren sequenzierende Figur auf das Hauptthema des ersten Satzes verweist, eine Gegenfigur sowie eine aus dem Scherzo übernommene Skalenfigur. Harmonisch ausgeweitet, im Wechselspiel der Instrumente beleuchtet und rhythmisch variiert, entwickelt sich ein Geschehen, das ständig zwischen Ruhe und Bewegung changiert. Eine weiträumige Coda verbindet im emphatischen Fugato die substanziell miteinander verwandten Hauptthemen der beiden Ecksätze. In furioser Steigerung bestätigt sich so ein letztes Mal die von Schumann geforderte zyklische Geschlossenheit des gesamten Werkes.
(Irmgard Knechtges-Obrecht)