Anette Müller: Komponist und Kopist Notenschreiber im Dienste Robert Schumanns.
Studien und Materialien zur Musikwissenschaft, Band 57.
VI I I, 444 S., zahlr. Abb., gebunden
Hildesheim, Zürich, New York: Georg Olms Verlag, 2010
ISBN: 978-3-487-13840-4
Jahrelanges intensives Forschen und Recherchieren im In- und Ausland liegen dieser 2005/2006 von der Universität des Saarlandes angenommenen Dissertation zugrunde. Nur geringfügige Überarbeitungen waren erforderlich, um das jetzt erschienene, edel und ansprechend gestaltete Buch hervorzubringen, dessen Informationsfülle schon beim ersten Durchblättern auffällt. Um sich eingehend mit einem Komponisten und dessen Werk zu befassen, ist es in der Regel erforderlich, auch die Problematik der Kopisten gründlich aufzuarbeiten. Bei Robert Schumann erhält dies jedoch noch einen besonderen Akzent dadurch, dass seine Notenschreiber auf das Engste in die Werkentstehung integriert sind. Sie werden quasi in den Schaffensprozess einbezogen, den sie nicht unerheblich beeinflussen. So liegen uns heute editorische Fragestellungen vor, ohne deren systematische Klärung im Grunde die seit vielen Jahren in Düsseldorf entstehende Neue Gesamtausgabe kaum sinnvoll abgeschlossen werden kann.
Anette Müller leistet auf diesem Gebiet nun wahre Pionierarbeit, weil es in der Musikwissenschaft bisher keine historisch übergreifenden Studien gibt, die sich mit dem Leben und Wirken der Kopisten beschäftigen. Letztlich vermag sie aufgrund ihrer sorgfältigen Forschungen Rückschlüsse auf Schumanns kompositorisches Schaffen zu ziehen, das in manchen Fällen ohne den Einfluss der Kopisten sicherlich anders verlaufen wäre.
Von den rund 30 Kopisten, die Schumann beschäftigte, sind 22 namentlich bekannt. Dank einer guten Quellenlage konnte die Autorin durch weit gefasstes, akribisches Durchsehen von mehr als 1.000 Dokumenten aufschlussreiche Erkenntnisse gewinnen. Sie identifiziert die einzelnen Schreiberhände und datiert die Abschriften, schlüsselt das breit gefächerte Spektrum der Kopierleistungen auf, berichtet anhand von Briefen und Tagebuchaufzeichnungen über die verschiedenen Kooperationsformen zwischen Schumann und seinen Schreibern, bestimmt die Funktion der jeweiligen Abschrift und wirft nicht zuletzt so auch einen Blick in die Werkstatt des Komponisten selbst. Historische Einblicke in die Kopistenwerkstatt, deren Schreibgeräte und -mittel sowie die Bedeutung von Papier- und Wasserzeichenuntersuchungen schaffen für den Leser eine solide Grundlage.
Den Hauptteil des Buches bildet dann die ausführliche Betrachtung der einzelnen Kopisten Schumanns und der von diesen erstellen Notenabschriften. Anette Müller gliedert dies sinnvoll ins regionale und persönliche Umfeld Schumanns ein, wobei deutlich wird, wie eng die Wahl des jeweiligen Kopisten mit der biografischen Situation des Komponisten korreliert. So ist gerade für Schumanns Düsseldorfer Zeit bezeichnend, dass er bevorzugt Musiker aus dem von ihm geleiteten Orchester des Allgemeinen Musikvereins mit Arbeiten beauftragt. Für den Schumannforscher sehr aufschlussreich und für den Freund von Notenhandschriften reizvoll sind die beigefügten Notenschriftenproben der 22 identifizierten Kopisten. Spannend liest sich auch der informativ kommentierte Briefwechsel zwischen Schumann und seinen Kopisten. Sorgfältig aufbereitet ist der Bestandsüberblick über sämtliche autorisierten Abschriften, der in umfangreiche Überlegungen zu einem Abschriften-Katalog einfließt. Letztendlich wird die Autorin im Rahmen der Neuen Schumann-Gesamtausgabe einen Kopisten-Katalog vorlegen, auf dessen Erscheinen man sich nach der Lektüre
dieses Buches bereits freut.
Dass bei einem derart umsichtig und sorgfältig erstellten Buch ausführliche Verzeichnisse und Register nicht fehlen, versteht sich fast von selbst. Ein Standardwerk, auf das in Zukunft kein Schumannforscher mehr verzichten können wird! Wie sehr aber auch der interessierte Laie davon profitieren kann, zeigt der dem Buch entnommene Beitrag über den Düsseldorfer Kopisten Fuchs, den wir in diesem Heft veröffentlichen.
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