50 Jahre RSG Zwickau
Die Tonkunst
Magazin für Klassische Musik und Musikwissenschaft, Juli 2007
Nr. 3, Jg. 1 (2007), S. 287 bis 289
50 Jahre Robert-Schumann-Gesellschaft Zwickau e.V.
Am 14. März diesen Jahres hatten die Schumannianer nach dem so ereignisreichen Jahr 2006 erneut Grund zum Feiern, denn vor 50 Jahren wurde die Zwickauer Robert-Schumann-Gesellschaft wieder gegründet. Ursprünglich schon 1920 auf Initiative von Martin Kreisig, dem verdienstvollen Initiator des Schumann-Museums und Zwickauer Ehrenbürger, ins Leben gerufen, geriet die Gesellschaft nach 1933 immer mehr ins Fahrwasser der NS-Ideologie und wurde 1943 zudem in die Deutsche Robert-Schumann-Gesellschaft unbenannt. Somit war 1945 zunächst an eine unmittelbare Fortführung ihrer Arbeit nicht zu denken. Aber es galt, nicht nur die materiellen Schäden des Krieges schnellstens zu beseitigen, sondern auch das kulturelle Leben wieder aufzubauen und die positiven Traditionen der Zeit vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten fortzusetzen. Das betraf auch die Pflege des Schumannschen Erbes. Nachdem bereits ein Jahr nach Kriegsende das Schumann-Museum am 9. Juni 1946 wieder eröffnet wurde und das erste Schumannfest der Nachkriegszeit im darauf folgenden Jahr stattfand, bildete sich im September unter dem Namen Robert-Schumann-Gesellschaft zunächst eine Sektion in der Zwickauer Ortsgruppe des Kulturbundes. In ihrer ersten, im Mai 1950 erschienenen Veröffentlichung der Gesellschaft konnte Georg Eismann, der damalige Direktor des Schumann-Museums und des 1956 eröffneten Robert-Schumann-Hauses, feststellen, dass seit Wiederaufnahme der offiziellen Tätigkeit im September 1949 ein großer Zuspruch für die Wiederbelebung der Gesellschaft zu verzeichnen war und zahlreiche Künstler und Wissenschaftler sich zur Mitarbeit bereit erklärt hätten. Auch die Zeitschrift Musikforschung rief in einem Bericht über die Neugründung der Gesellschaft alle früheren Mitglieder dazu auf, ihre Mitgliedschaft zu erneuern und die Schumann-Verehrer, Mitglied zu werden.
Zur eigentlichen Neugründung als selbständige Gesellschaft kam es aber erst sieben Jahre später. Der Plan, die Gesellschaft als selbständigen Verein bereits im Jubiläumsjahr 1956 wieder aufleben zu lassen, scheiterte durch den Tod des Dirigenten und designierten ersten Präsidenten Hermann Abendroth (1883-1956). Nachdem aber Ende 1956 die Frankfurter Museums-Gesellschaft die Absicht geäußert hatte, in Frankfurt am Main, wo es schon vor dem Krieg eine starke Ortsgruppe der früheren Zwickauer Gesellschaft gab, selbst eine Robert-Schumann-Gesellschaft zu gründen, wurde die Neugründung einer Zwickauer Gesellschaft forciert, denn die Verantwortlichen im DDR-Kultusministerium sahen dies als ein dringend erforderliches Politikum an. Auf der Gründungsveranstaltung, die schließlich am 14. März 1957 stattfand, wurde der Dresdner Musikwissenschaftler Prof. Dr. Karl Laux (1896-1978) zum Präsidenten, der damalige Volkskammerpräsident Johannes Dieckmann zum Ehrenpräsidenten gewählt. Somit gab es nun in Deutschland zwei Schumann-Gesellschaften – eine in Ost- und eine in Westdeutschland. Beide haben anfangs sehr eng zusammengearbeitet und sahen sich selbst nicht als konkurrierende Vereinigungen. Dafür spricht auch die Tatsache, dass der Vorsitzende der Frankfurter dem Vorstand der Zwickauer Gesellschaft angehörte. Das änderte sich aber nach 1961 entschieden. Nun war eine kooperative Zusammenarbeit nicht mehr zu denken. Das Ministerium für Kultur verweigerte in der Folge sogar, den Vorsitzenden der Frankfurter Gesellschaft zu den Mitgliederversammlungen nach Zwickau einzuladen. Schließlich war es Bürgern aus der BRD verwehrt, der Zwickauer Schumann-Gesellschaft beizutreten. Dennoch versuchten beide Gesellschaften, die Verbindung aufrechtzuerhalten. Davon zeugen gegenseitige Einladungen, die im Schriftwechsel der Zwickauer Robert-Schumann-Gesellschaft überliefert sind. Nach der politischen Wende 1989 konnten die Kontakte zu der Frankfurter Gesellschaft wieder intensiviert werden. Und so freuten sich die Zwickauer Schumannianer, dass sie zu ihrem 50-jährigen Jubiläum eine Abordnung der Frankfurter Schumann-Gesellschaft begrüßen konnten.
Der erste Präsident Karl Laux stand der Zwickauer Schumann-Gesellschaft bis 1976 vor. Seine Nachfolger waren Dieter Zechlin, Martin Schoppe, Helmut Loos und Albrecht Hofmann. Derzeit leitet Gerd Nauhaus die Gesellschaft, die, wie Martin Schoppe in seiner Festansprache zum 40-jährigen Jubiläum 1997 betonte, »Gutes bewirkt« hat. »Was immer auf den Weg zu bringen war», so Schoppe weiter, »hat sie unterstützt, alle musikalisch-künstlerischen Ereignisse, jede wissenschaftliche Konferenz.«
Zu den wichtigsten Aktivitäten der Schumann-Gesellschaft, dem Förderverein des Robert-Schumann-Hauses, zählt die Unterstützung der jährlichen (Schumann-)Musiktage, die Mitgestaltung der seit 1963 in Zwickau beheimateten internationalen Robert-Schumann-Wettbewerbe für Klavier und Gesang, die Durchführung von wissenschaftlichen Arbeitstagungen zu Fragen der Schumannforschung, deren Ergebnisse in der Reihe »Schumann-Studien« veröffentlicht werden. Auch in die Verleihung des Robert-Schumann-Preises, der von 1964 bis 2002 jährlich und seit dieser Zeit alle zwei Jahre von der Stadt Zwickau an Interpreten, Musikwissenschaftler und musikalische Institutionen vergeben wird, die sich besondere Verdienste um die Verbreitung der musikalischen Werke oder die Erforschung von Leben und Schaffen Robert Schumanns erworben haben, ist die Gesellschaft involviert. Zu den Schumann-Preisträgern gehören u. a. Georg Eismann, Karl Laux, Swatoslaw Richter, Peter Schreier, Dietrich Fischer-Dieskau, Nancy B. Reich und Alfred Brendel. Als letzter bisheriger Preisträger wurde Daniel Barenboim 2005 geehrt und in diesem Jahr werden die Kanadier Margit McCorkle und Anton Kuerti diese Auszeichnung erhalten.
Den 50. Jahrestag ihrer Wiedergründung hat die Gesellschaft feierlich vom 15. bis 18. März mit mehreren Veranstaltungen begangen. Das Festprogramm begann bereits am 15. März mit einem gemeinsamen Besuch von Frankfurter und Zwickauer Schumannianern in der Gemeinde Reinsdorf bei Zwickau, die sich sehr rührig um das Andenken von Schumanns Enkel Ferdinand, der die dortige Apotheke führte, bemüht. Am folgenden Tag wurde zusammen eine Exkursion unternommen, die von Kohren-Salis, wo Julius Mosen, der Dichter des Nußbaumes (das Gedicht vertonte Schumann und nahm es in seinen Liederkreis Myrthen op. 25 als Nr 3 auf) als Gerichtsaktuar tätig war, und Colditz, wo von 1871 bis zu seinem Tode 1899 Schumanns Sohn Ludwig in der damals im Colditzer Schloss untergebrachten Nervenheilanstalt untergebracht war, über Wechselburg zurück nach Zwickau führte. Höhepunkt der Feierlichkeiten war am 17. März als Festveranstaltung ein Benefizkonzert zu Gunsten der Robert-Schumann-Gesellschaft, zu dem Persönlichkeiten aus Politik und Kultur begrüßt werden konnten. Sowohl Erast von Jasienicki, Vorsitzender der Schwestergesellschaft aus Frankfurt, als auch Irmgard Knechtges-Obrecht von der Düsseldorfer Schumanngesellschaft, die die Grüße des erkrankten Vorsitzenden Franz Willnauer überbrachte, und die Direktorin des Stadtmuseums Bonn und Beauftragte des Schumann-Netzwerkes Ingrid Bodsch, die der Zwickauer Robert-Schumann-Gesellschaft und dem Robert-Schumann-Haus seit vielen Jahren eng verbunden ist, würdigten die Arbeit der Zwickauer Gesellschaft in den letzten 50 Jahren sowie die enge freundschaftliche Zusammenarbeit bei der Pflege des Schumannschen Erbes. Pia Findeis, Kulturbürgermeisterin der Stadt Zwickau, betonte in Vertretung des erkrankten Oberbürgermeisters Dietmar Vettermann die enorme kulturpolitische Bedeutung der Gesellschaft in Zwickau und hob vor allem ihr internationales Wirken hervor.
Die Festansprache hielt Prof. Dr. Hans-Joachim Köhler aus Leipzig, langjähriges Vorstandsmitglied der Gesellschaft. Ausgehend von den frühen philosophischen und musikalischen Fähigkeiten Robert Schumanns, die sich hier in seiner Geburtsstadt Zwickau zeigten und entwickelten, betonte er die großen Leistungen und auch die Verantwortung der Zwickauer Gesellschaft bei der Pflege des Schumannschen Erbes. Dabei schlug er den Bogen von der alten, von Martin Kreisig begründeten Schumanngesellschaft über die Neugründung 1957, das Wirken der einzelnen Vorsitzenden bis in die Gegenwart und den jetzigen Vorsitzenden Gerd Nauhaus, der sich bereits als langjähriger wissenschaftlicher Sekretär der Gesellschaft und Direktor des Robert-Schumann-Hauses stets um die Pflege des Schumannschen Erbes bemühte.
Aber es waren an diesem Abend nicht nur Worte zu hören. Selbstverständlich erklang auch Musik von dem, um den es eigentlich ging – Robert Schumann. Das Abegg-Trio mit Ulrich Beetz (Violine), Birgit Erichson (Violoncello) und Gerrit Zitterbart (Klavier), Robert-Schumann-Preisträger der Stadt Zwickau 1992, spielte in bewährter, ausgezeichneter Weise das zweite Klaviertrio F-Dur op. 80 Robert Schumanns sowie zwei Klaviertrios von Joseph Haydn. Die Künstler, die Schumann, dem Robert-Schumann-Haus und den Zwickauer Schumannianern sehr verbunden sind, verzichteten auf ihre Gage zugunsten der Zwickauer Robert-Schumann-Gesellschaft.
Ute Bär