Helmut Loos: Robert Schumann. Werk und Leben

Neue Musikerportraits, hrsg. v. Manfred Wagner, Bd. VI I
136 S., Abb., Broschur
Wien: Edition Steinbauer, 2010
ISBN: 978-3-902494-44-3

In umgekehrter als der gewohnten Reihenfolge schreibt Helmut Loos über „Werk und Leben“ Robert Schumanns. Er geht auf die Rezeption und die Wirkung von Schumanns Schaffen zu dessen Lebzeiten ein und gelangt zu der Er- kenntnis, dass zum Teil vollkommen andere Werke den Erfolg des Komponisten begründeten als diejenigen, denen heute hohe Popularität zukommt. Insgesamt setzt Loos in seiner Beschreibung einen starken Akzent auf Schumanns bürgerliches Künstlertum, in dem Patriotismus und der Hang zur hausmusikalischen Produktion einen breiten Raum einnehmen. Die Aussage, dass Schumann ausgerechnet mit seinen Liedern „das bürgerliche Heim“ eroberte, erscheint freilich durchaus missverständlich. Auch in den Chorkompositionen sieht Loos Schumanns Erfüllung „der Aufgabe des bürgerlichen Komponisten, moralische Bildung zu verbreiten“. Dass viele dieser Werke eng mit dem von Schumann im Januar 1848 in Dresden gegründeten Chorgesangverein zusammenhängen, lässt eine solche Auslegung schon eher zu. Eine Flucht in die Innerlichkeit während oder eine resignierende Haltung nach den revolutionären Ereignissen der Jahre 1848/49 kann jedoch nicht uneingeschränkt diagnostiziert werden. Auch be- trachtete Schumann selbst 1849 und nicht, wie angegeben, 1848 als sein „fruchtbarstes Jahr“.

Loos ist um Sachlichkeit in der Darstellung bemüht. Andererseits entwickelt er stellenweise durchaus eigenwillige Thesen, die dem entgegenstehen. Einige seiner Deutungs- bzw. Erklärungsversuche erscheinen fragwürdig. So ist insbesondere das in Schumanns späteren Werken vermeintlich festgestellte Moment einer gewissen „Prüderie“ nur schwer nachvollziehbar. Das gemeinhin mit der Düsseldorfer Periode gleichgesetzte „Spätwerk“ datiert Loos bereits ab dem Jahr 1845, da Schumann laut eigener Aussage zu dieser Zeit „eine ganz andere Art zu componiren“ entwickelte. Die komplexe Problematik von Schumanns letzter Lebenszeit als Düsseldorfer Musikdirektor lässt sich in ihrer Vielschichtigkeit kaum auf knappem Raum darstellen. Ebenso wenig die leider nach wie vor gern diskutierte Erkrankung des Komponisten, der Selbstmordversuch und der Aufenthalt in der Endenicher Heilanstalt. Dass sich der Autor hier bewusst kurz fassen muss, ist der Kompaktheit seines Bändchens geschuldet.

Abschließend werden die beiden ersten Schumannfeste von 1847 und 1860 in Zwickau sowie die Rezeption und Darstellung Schumanns im 20. Jahrhundert generell betrachtet. Zeittafel, Register und Literaturverzeichnis runden den Band ab. Das Vorwort des Herausgebers Manfred Wagner ist historisch nicht immer korrekt und teilweise fehlerhaft. So heißt das von Schumann 1834 gegründete Organ bis heute Neue Zeitschrift für Musik, und sein Spätwerk (wenn man es denn so nennen mag) entsteht keineswegs erst ab dem Jahr 1855, einem Zeitpunkt, zu dem der Komponist bereits in Endenich weilte und sein Schaffen längst abgeschlossen war. Hier hätte der Autor, der es besser wissen sollte, noch redigierend und korrigierend eingreifen müssen. Dennoch insgesamt eine gut lesbare, übersichtliche und einen raschen Überlick vermittelnde Darstellung.


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