Gemischtes Programm

Fono Forum 2011, Januar, S. 84

Die Aufnahmeinformationen im Inlay kann man leicht übersehen: Die Schrift hebt sich so schlecht vor dem dunklen Hintergrund ab, dass man schon keine Lust mehr verspürt, den Namen des Layouters zu suchen. Zum Glück sind der deutsche, persönlich gehaltene Booklet-Text Gersteins und die kurzen Hinweise von Oliver Knussen zu seinem eigenen Werk leserlich ausgefallen.


Knussens „Ophelia’s Last Dance“ bildet den Mittelpunkt des Albums und gleichzeitig den dezent-liebenswürdigen modernen Kontrapunkt zu Schumanns Humoreske und Liszts h-Moll-Sonate, die bekanntlich Robert Schumann gewidmet ist. Dass sich Gerstein auf schlicht-schöne Melodien und lyrische Stimmungen versteht, wird schon in Schumanns Humoreske deutlich: Die langsamen Abschnitte erfüllt er mit feinstem Klang und großer Poesie; Überschriften wie „Einfach“, „Einfach und zart“ oder „Innig“ setzt er wunderbar um. Die schnellen Sätze wiederum spielt er genauso flink wie zupackend, dabei nie unkontrolliert.


Nach solch einem starken Schumann habe ich mir von der Interpretation der List-Sonate viel versprochen. Doch gleich zu Beginn, beim ersten Eintritt des „Allegro energico“, zeigt sich Gerstein als zahnloser Tiger. Die Oktavsprünge wirken nicht energisch, die anschließenden Tonrepetitionen in den Bassstimmen nicht bedrohlich genug. Die Tempi, die Gerstein wählt, den Notentext deutlich darzustellen, aber man vermisst die anspringende Virtuosität beispielsweise einer Martha Argerich. Gerstein kostet die sanften Kantilenen und lyrischen Ruhepunkte der Sonate genüsslich aus, er steigert zwischenzeitlich auch die Intensität. Aber er hält die Spannung letztlich nicht aufrecht.

Gregor Willmes