Forsch
Fono Forum, Februar 2011, S. 82
Das Mandelring-Quartett hat seine Qualitäten oft genug unter Beweis gestellt, und die Französin Claire-Marie Le Guay, die sich als 20-Jährige 1994 einen Ersten Preis beim Münchner ARD-Wettbewerb erspielte, hat sich auf auf (bei uns wenig bekannten) CDs längst als famose Pianistin bewährt. Umso mehr irritieren in deren erster gemeinsamer Produktion gleich die Anfangstakte: Die Sostenuto-Eröffnung des Klavierquartetts aus Schumanns „Kammermusikjahr“ 1842 wirkt durch ein klanglich und musikalisch überraschend vordergründiges Klavierspiel und die eher unauffällig agierenden Streicher leicht außer Balance geraten. Und dieser Eindruck drängt sich im weiteren Verlauf des Recitals noch mehrfach auf. Bei hervorragend breitem Klangpanorama (in der abgehörten Stereoversion) macht das Klavier zum Beispiel im Scherzo des Quartetts oder in den fugierten Passagen des folgenden großen Klavierquintetts die Streicher zu bloßen Mitläufern. Und besonders, wenn man ältere Aufnahmen beider Werke von Bernstein/Juilliard bis Pressler/Emerson im Ohr hat, wirkt auch das Musizieren selber nicht optimal ausmodelliert. Die Möglichkeiten entschiedener Kontrastierung und vor allem der dynamischen Spannweite bleiben weitgehend ungenutzt.
Insgesamt also eine vorwiegend forsche, unvergrübelte und musikantisch schwungvolle Darstellung der beiden großen Kammermusikwerke des Vorjahres-Jubilars. Zu den unanfechtbaren Vorzügen der Produktion zählt immerhin, dass hier niemand im Egotrip aus der Reihe tanzt (wie manchmal im Luganer Mitschnitt von Argerich „and friends“) und das Ensemble den Verführungen „interessant“ überzogener oder überdehnter Tempi (wie sie am ungeniertesten Paul Gulda und die Hagens vorführten) nicht nachgab.
Ingo Harden
Schumann, Klavierquartett, Klavierquintett; Mandelring-Quartett, Claire-Marie Le Guay (2009); Audite/Edel SACD 4022143925749 (56’)