Emilie Steffens verh. Heydenreich (1830–1910)

Emilie Steffens kam im Jahr 1848 aus Detmold nach Dresden, um bei Clara Schumann Klavierunterricht zu nehmen. In Robert Schumanns Haushaltbuch wird sie erstmals am 27. Februar 1848 erwähnt. Das Ehepaar Schumann nahm die 18jährige unter seine Fittiche, und Emilie durfte oft nachmittags und abends bei ihnen sein sowie an privaten musikalischen Veranstaltungen teilnehmen.

Vor allem 1849 nahmen die Schumanns Emilie auf gemeinsame Ausflüge mit, man verbrachte Feiertage gemeinsam, und 1848 und 1849 feierte Emilie ihre Geburtstage bei den Schumanns. Der 25. 2. 1849 war der Tag ihres ersten öffentlichen Auftretens in Dresden – gemeinsam mit Clara Schumann und Wilhelmine Schröder-Devrient. Am 24. 10. desselben Jahres gab sie in ihrer Heimatstadt ein eigenes Konzert, und am 6. 11. 1849 trat sie in Bremen gemeinsam mit Joseph Joachim auf. Zu dieser Zeit gab sie auch bereits Klavierunterricht. Am 11. 6. 1851 heiratete sie in Dresden den Prediger Julius Carl Heinrich Heydenreich, mit dem sie zwei Söhne und eine Tochter hatte. Nach ihrer Heirat scheint sie nicht mehr aufgetreten zu sein. Ende April 1848 war sie als Altistin dem von Schumann gegründeten Chorgesangverein beigetreten.

Im März 1850 vertraute Clara ihr ihre Kinder und den Haushalt an, als die Haushälterin schwer erkrankt war und sie sich in Leipzig und Hamburg aufhielt. Auch während des längeren Leipziger Aufenthaltes zu den Genoveva-Proben vom 18. 5. – 10. 7. 1850 wurde Emilie mit dem Schumannschen Haushalt betraut. Aus den Jahren 1849 und 1850 sind die meisten Briefe von Clara Schumann an Emilie Steffens erhalten (die 25 Briefe Clara Schumanns sowie 4 Briefe von Emilie Steffens an Clara und Robert Schumann sowie ihre Erinnerungen erschienen 2005 in dem Band: Alltag und Künstlertum. Clara Schumann und ihre Dresdner Freundinnen Marie von Lindeman und Emilie Steffens. Erinnerungen und Briefe nach den Quellen hg. v. Renate Brunner. Sinzig 2005, Schumann-Studien Sonderband 4). Der Briefwechsel wurde 1853 beendet, da es offenbar durch Emilies Verheiratung im Jahr 1851 mit dem Pastor Carl Heinrich Heydenreich zu einer Entfremdung gekommen war.

Später richtete Clara Schumann ihre Grußworte in Briefen an die mit Emilie Steffens befreundete Marie von Lindeman an „Frau Heydenreich“ und benutzte nicht mehr die vertraute Anrede wie zur Zeit ihres freundschaftlichen Dresdner Umgangs. Als Emilie Heydenreich Clara Schumann 1888 zum 60jährigen Künstlerjubiläum gratulierte, gab sie einen Überblick über ihre letzten Lebensjahre, woraus man schließen kann, daß zuvor kein Kontakt mehr bestand. Ihre Erinnerungen geben interessante Aufschlüsse über die Persönlichkeiten von Robert und Clara Schumann, die Aktivitäten des Chorgesangvereins und die Zeit des intensiven Verkehrs zwischen Schülerin und Lehrerin in Dresden.

Aus dem Nachlaß der ehemaligen Schülerin gelangten Erinnerungen an Clara und ein wertvolles Autographenalbum in die Sammlungen des Robert-Schumann-Hauses Zwickau.
(J.M.N.)