Eine Musikerfamilie im 19. Jahrhundert
Elisabeth Schmiedel / Joachim Draheim:
Mariane Bargiel, Clara Schumann, Woldemar Bargiel in Briefen und Dokumenten.
Musikwissenschaftliche Schriften, Bd. 43.
2 Bde., 942 S., zahlr. Abb.
München · Salzburg: Musikverlag Katzbichler, 2007
ISBN: 978-3-87397-342-8 (Leinenausgabe)
ISBN: 978-3-87397-343-5 (kartoniert)
Mariane Bargiel, die aus der bekannten Musikerfamilie Tromlitz stammt, war in erster Ehe mit Friedrich Wieck verheiratet. Aus dieser Verbindung gingen fünf Kinder hervor, darunter die Tochter Clara Wieck (Schumann). Aus der 1825 eingegangenen zweiten Ehe mit Adolph Bargiel stammen vier Kinder. Als ältestes wurde 1828 der später als angeseher Komponist und Dirigent geltende Woldemar Bargiel geboren. Auch die Mutter Mariane Bargiel selbst war schon in ihrer Leipziger Zeit als Ehefrau Friedrich Wiecks erfolgreich als Sängerin, Pianistin und Klavierlehrerin aufgetreten. Ungewöhnlich für die damalige Zeit und daher von großem Aufsehen begleitet, war ihre Scheidung von Wieck. Das Zusammenleben mit ihm schien ihr unerträglich geworden, so dass sie sich zu diesem mutigen Schritt entschied. Später unterstützte sie auch ihre Tochter Clara und deren Verlobten Robert Schumann während jener dramatischen Auseinandersetzung mit Wieck in Zusammenhang mit der ersehnten Eheschließung. Clara Schumann unterhielt zur Mutter wie zum Halbbruder Woldemar Bargiel zeit ihres Lebens enge und gute Kontakte, die sich letztlich über beide Großfamilien erstreckten. Nach dem Tod der Mutter wurde Bargiel 1874 durch seinen Jugendfreund Joseph Joachim an die Berliner Musikhochschule berufen, wo er bis zu seinem eigenen Tod 1897 lehrte. Zuvor wirkte er meist in den Städten Berlin, Köln und Rotterdam.
Kurz vor der Hochzeit Clara und Robert Schumanns, während der Jahre 1839/40, musste die Familie Bargiel in recht bescheidenen Verhältnissen leben. Adolph Bargiel, der 1841 schließlich starb, war so erkrankt, dass er die Familie nicht mehr ernähren konnte. Clara Schumanns Mutter Mariane musste unterrichten, um den Lebensunterhalt alleine einigermaßen zu sichern. Die enge Verbundenheit zwischen den Familien Schumann und Bargiel zeigt sich auch darin, dass Robert Schumann während jener schweren Zeit seine zukünftige Schwiegermutter mit finanziellen Zuwendungen unterstützte. Ebenso sorgte das Ehepaar Schumann später für Woldemar Bargiel, förderten ihn und seinen beruflichen Werdegang. Innig und mit großer Fürsorge kümmerte Mariane Bargiel sich dann nach dem Tod Robert Schumanns um ihre zahlreichen Enkelkinder. Stets blieb sie ihrer Tochter Clara nahe, stand ihr in vielen schweren Situationen zur Seite und half je nach Möglichkeit. Nie riss der Kontakt zwischen den Verwandten ab, was die vorliegende Quellensammlung eindrucksvoll dokumentiert.
Zahlreiche Dokumente der Familien Bargiel und Schumann sowie von Johannes Brahms, Joseph Joachim und vielen anderen zum Teil heute noch bekannten Zeitgenossen sind erhalten, darunter alleine über 1.600 Briefe. In langen Jahren intensiver Arbeit und Recherche hat Elisabeth Schmiedel, eine Enkelin von Woldemar Bargiel, diese Materialien gesichtet, übertragen und ausgewertet. Unter Mithilfe des rührigen Schumannforschers Joachim Draheim konnten diese und noch viele weitere Quellen erschlossen werden. Das Ergebnis der mühevollen Arbeit liegt nun in dieser umfangreichen Dokumentarbiographie vor, in der die meisten Briefe und Texte zum ersten Mal veröffentlicht werden. Gewidmet hat Elisabeth Schmiedel das beeindruckende Werk dem Andenken ihrer beiden Patinnen, Clementine Bargiel (jun.) und Eugenie Schumann, der jüngsten Schumanntochter.
Die beiden Herausgeber entwickeln ein enges Beziehungsgeflecht zwischen den Briefschreibern und Adressaten sowie sämtlichen darin angesprochenen Personen. Ganz private, zum Teil tiefgreifende aber auch heitere Details werden dem Leser da ebenso offenbart, wie aufschlussreiche Informationen zur Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts und deren Protagonisten im allgemeinen. Ein erhellendes Licht aus unterschiedlichen Perspektiven wird auf die weit reichenden Verbindungen ebenso geworfen, wie auf zahlreiche Namen, Orte, Begebenheiten und Konzertveranstaltungen. Sorgfältig ediert und aufbereitet präsentiert sich das umfangreiche, mehrere Jahrzehnte durchlaufende Material. Zeittafel, Stammbäume der Familien Bargiel und Schumann, ein bisher noch nie vorgelegtes Werkverzeichnis Woldemar Bargiels sowie ausführliche Register erleichtern den Umgang mit diesen beiden gewichtigen Bänden. Eine spannende Lektüre, die sich dank der sinnvollen Unterteilung auch kapitelweise lesen lässt.