Duo Uriarte-Mrongovius: Sonate für 2 Klaviere op. 34b / Klavierquintett op. 44

Johannes Brahms. Sonate für 2 Klaviere op. 34b.
Robert Schumann. Klavierquintett op. 44
(Bearbeitung für 2 Klaviere).
Duo Uriarte-Mrongovius

ARTS MUSIC: blue line, 2007
47597-2

Zahlreiche Raritäten und Überraschungen vereinigt das seit Jahrzehnten miteinander konzertierende Klavierduo Begoña Uriarte und Karl-Hermann Mrongovius auf dieser CD.

Einem komplizierten, für Johannes Brahms jedoch typischen Verlauf verdankt die Sonate op. 34b ihr Entstehen. Es fiel dem als überaus selbstkritisch bekannten Brahms zunächst schwer, sich aus dem gewohnten Denken im reinen Klaviersatz zu befreien, als er für Streicherensembles komponieren wollte. Insofern schlug sein erster Versuch mit dem Streichquintett op. 34 fehl. So entschloss Brahms sich, das Werk zu einer Sonate für zwei Klaviere umzuarbeiten (op. 34bis). Diese Fassung führte er gemeinsam mit Carl Tausig in einem Wiener Konzert 1864 auf, erzielte aber auch damit nur mäßigen Erfolg. Clara Schumann, die sich in Baden ebenfalls mit der Sonate beschäftigt hatte, versuchte dem Freund schonend die Problematik nahezubringen: Sie empfand die Klavierfassung als Arrangement, weniger als Sonate. Die Spuren der Umarbeitung blieben ihrer Ansicht nach erkennbar. Da auch Brahms längst wusste, dass sich für Streichinstrumente entwickelte Gedankengänge nicht einfach auf Tasteninstrumente übertragen ließen, sann er nach einer weiteren Lösung: Er kombinierte das Klavier mit den Streichern. Als Klavierquintett op. 34 schließlich wurde die Komposition rasch weltberühmt.

Dennoch bleibt die Version der Klaviersonate höchst interessant und absolut hörenswert. Begoña Uriarte und Karl-Hermann Mrongovius streichen eindrucksvoll die rhapsodischen Züge des Eröffnungssatzes heraus, die auch in der Quintettfassung überwiegend der Klavierstimme überlassen bleiben. Clara Schumann äußerte, in diesem Satz eine tragische Geschichte lesen zu können. Den vielfältigen Gedankenreichtum, den Brahms aus einem einzigen Kern entwickelt, geben die beiden Pianisten lebendig und geschickt akzentuiert wieder. Ebenso die höchst phantasievollen Einfälle im Scherzo. Mit stupender Technik erklingen hier die rhythmisch markanten Passagen zur Vorbereitung des majestätisch einsetzenden C-Dur-Themas. Doch auch den elegisch-sanften Tönen des Adagiosatzes sowie der ungewöhnlich besinnlichen Stimmung im Finale wird das Klavierduo mit sensibel differenzierendem Anschlag interpretatorisch gerecht.

Kompliziert und nebulös zugleich gestaltet sich die Geschichte der Klavierbearbeitung von Schumanns berühmtem Klavierquintett op. 44. Ähnlich wie die Quintettfassung von Brahms op.~34, entwickelte sich auch dieses Stück unmittelbar nach seiner Uraufführung als wahrer Renner. Es erfreut sich bis heute ungebrochen hoher Popularität und zählt zu den bedeutendsten Kammermusikwerken des 19. Jahrhunderts. Nicht nur der wirtschaftliche Gedanke einer besseren Verbreitung eines solch beliebten Werkes, sondern auch dessen klavieristisch inspirierter Impetus lassen Bearbeitungen für Klavier sinnvoll erscheinen. Wie es seinerzeit Tradition war, schlug auch Schumann seinem Verleger Breitkopf & Härtel kurz nach der Drucklegung den Bearbeiter für ein vierhändiges Klavier-Arrangement vor. Während dieser Auftrag nicht zustande kam, arrangierte Johannes Brahms 1854 zum Geburtstag von Clara Schumann das Quintett für Klavier zu vier Händen. Nach Rücksprache mit dem inzwischen in der Endenicher Heilanstalt weilenden Schumann bot Brahms diese Bearbeitung dem Verlag zur Veröffentlichung an. Dieser lehnte jedoch wegen zu hoher spieltechnischer Schwierigkeiten ab. Leider ist dieser Klavierauszug heute verschollen. Nach Schumanns Tod erschien schließlich 1858 bei Breitkopf & Härtel ein von Clara Schumann verfasster vierhändiger Klavierauszug. Die auf vorliegender CD eingespielte Fassung für zwei Klaviere erschien erst 1865 ohne Namensnennung des Verfassers. Die Klavierstimme aus dem Quintett bleibt unangetastet und bildet den ersten Klavierpart, die drei Streicherstimmen sind einfach auf das zweite Klavier übertragen. Diese reine "`Brotarbeit"' übergab Breitkopf & Härtel mit Sicherheit einem unbekannten und daher auch ungenannten Bearbeiter. Mit Clara Schumann und Johannes Brahms hat dieser Auszug hingegen nichts zu tun. Nachdem der Verlag seinerzeit die Rechte an op. 44 von Schumann erworben hatte, konnte er darüber nach eigenem Ermessen verfügen und musste nicht mehr bei der Witwe nachfragen. Johannes Brahms war inzwischen selbst so arriviert, dass er einen derartigen Auftrag nicht angenommen hätte. Außerdem wäre er nach Ablehnung seiner vierhändigen Fassung nicht gewillt gewesen, ein weiteres Arrangement vorzulegen.

Die im Booklettext angestellten Überlegungen können somit ins Reich der Spekulation verwiesen werden. Jedoch schließt die Einspielung dieser Fassung für zwei Klaviere eine Lücke auf dem Plattenmarkt. Aufgrund der einfühlsamen Interpretation des Klavierduos Uriarte / Mrongovius bereitet es große Freude, Schumanns berühmtes Werk in einem derartigen Arrangement zu hören. Tatsächlich lassen sich gewisse Strukturen erkennen, die im volleren Quintettklang bisher verborgen blieben. Lediglich im zweiten Satz, einem Trauermarsch in c-moll, vermisst man die gewohnte Klangfülle, erscheint doch hier die Instrumentierung streckenweise etwas dünn. Die beiden Pianisten stimmen ihre Technik geschickt ab: Sei es in der expressiv erregenden Motivik schnellerer Passagen, der sprühenden Virtuosität oder auch den innigen, lyrischen Kantilenen. Eine brillante Aufnahmetechnik vervollkommnet den Hörgenuss. Schon der Vollständigkeit halber sollte der Schumannfreund diese CD nicht verpassen.