Kritik: Osterklang: Knocking on Heaven's Door
Die Presse, 17. März 2008-04-04
Jubel für Schumanns „Paradies und die Peri“ unter Harnoncourt.
„Des Himmels liebste Gabe“ muss sie finden – erst dann darf die Peri, ein gefallener Engel der persischen Sage, auf Rückkehr in das Paradies hoffen. Weder Heldenblut noch Liebestod gewähren ihr die ewige Seligkeit, sondern erst die Träne eines reuigen Büßers.
Keine Oper, kein Oratorium, sondern „ein neues Genre für den Konzertsaal“ wollte Robert Schumann mit „Paradies und die Peri“ 1843 verwirklichen. Dialoge handelnder Personen gibt es kaum, das Geschehen wird von Solostimmen in arioser Gestalt und vom Chor in lyrischen bis hymnischen Stimmungsbildern erzählt. Im dritten Teil mögen diese etwas zu sehr zu epischer Breite tendieren, packen aber insgesamt durch Schönheit und Schwung. Das Werk, einst unter Schumanns populärsten, musste sich einiges gefallen lassen: Patriotisch-kriegerische Umarbeitungen 1914 und in ganz entstellender Weise von den Nazis mögen mit schuld daran sein, dass es heute nur mehr selten angesetzt wird – wenn nämlich ein großer Dirigent die musikalischen Vorzüge im besten Lichte zu präsentieren versteht. Carlo Maria Giulini war ein solcher, etwa 1976 im Musikverein – und nun, nicht zum ersten Mal, Nikolaus Harnoncourt.
Scharf formulierte Dramatik
Nach seinem erfolgreichen Plädoyer für Schumanns „Genoveva“ in Zürich durchleuchtete er zur Eröffnung des Festivals „Osterklang“ der Peri sehnsuchtsvolle Suche. Mit den engagierten, prägnanten Wiener Philharmonikern förderte er gleichsam noch mehr Dissonanzen zutage, als man gewohnt ist: Scharf formulierte Dramatik prägte die Welt des Tyrannen im musikalisch eindrucksvollsten ersten Teil, bevor im zweiten die Nilquellen sanft plätschern durften und der Schlummerchor sanfte Ruhe verströmte.
Kleine Unsicherheiten im Zusammenspiel fielen nicht ins Gewicht, doch wirkte der dritte Teil nicht mehr ganz so sorgfältig vorbereitet – auch wenn der klangschön singende Arnold Schoenberg Chor dafür am Ende mit edler Inbrunst zu entschädigen versuchte. Mehr brav als inbrünstig, aber vokal untadelig gab Annette Dasch die Peri an der Spitze der Solistenriege, aus der Elisabeth Kulman mit sonorem Alt und Christian Gerhaher zwischen stimmlicher Autorität und (wenn auch rhythmisch kurz strauchelnder) volksliedhafter Schlichtheit ragten. wawe
Auf Ö1 am 24.März, 19.30Uhr.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2008)