Clara-Schumann-Orte in Berlin

Clara Schumann (1819-1896) hat Berlin unzählige Male zwischen 1835 und 1889 besucht, ca. 70 Konzerte in Berlin gegeben, zwischen 1857-63 und 1873-78 hier gewohnt und 1890 einen Teil des Nachlasses von Robert Schumann an die Königliche Bibliothek zu Berlin verkauft.
Zu Berlin hatte Clara Schumann einerseits eine familiäre Verbindung: Ihre Mutter Mariane Bar-giel lebte ab 1826 mit ihrem zweiten Ehemann Adolph Bargiel in Berlin und nahm Clara 1839/40 zeitweilig zu sich auf; sie unterstützte Clara auch nach Robert Schumanns Einweisung und nach seinem Tod, besonders als Clara 1857 nach Berlin zog. Andererseits war Berlin immer wieder ein kultureller Anziehungspunkt – Robert und Clara Schumann überlegten sogar mehrmals, vor ihrer Hochzeit 1839/40, oder bei ihrem mehrwöchigen Berlin-Aufenthalt 1847 sowie 1853/54, nach Berlin zu ziehen. Besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewann Berlin als Haupt-stadt des Kaiserreichs und durch die 1869 von Joseph Joachim gegründete Musikhochschule eine besondere Bedeutung für Clara Schumann: Von Berlin aus ließen sich viele Konzertstätten relativ schnell erreichen und mit Joseph und Amalie Joachim, Woldemar Bargiel, Julius Stockhausen oder Julie von Asten pflegte Clara in Berlin künstlerische und freundschaftliche Kontakte.

Das Jubiläumsjahr 2019 ist Anlass, einige Clara-Schumann-Orte in Berlin zu entdecken: Wo hat Clara Schumann gewohnt? Wo hat sie ihre Konzerte gegeben? Welche Ausflugsziele in und um Berlin hat sie besucht?

Viele Gebäude sind leider nicht mehr (im Original) erhalten, wie z. B. die einstigen Wohnhäuser. Doch in der historischen Mitte Berlins, besonders Unter den Linden, kann man Clara Schumann sehr nah sein: Hier und in direkter Umgebung befanden sich etliche Konzertstätten, in denen Clara im 19. Jahrhundert auftrat: so die Oper – hier gab sie 1837 ihr Berliner Debüt und in direk-ter Nähe wohnte sie 1839/40 bei ihrer Mutter Mariane Bargiel – sowie das Schauspielhaus und die Sing-Akademie, wo sie über vierzig Mal auftrat. Nicht mehr erhalten sind folgende Konzert-stätten: das Hotel de Russie, der Jagor’sche Saal, das Hotel du Nord und das Redern’sche Palais. Clara Schumann besuchte aber auch Ausflugsorte um und in Berlin, 1837 schaute sie sich das Alte Museum am Lustgarten an, im Tiergarten ging Clara Schumann gerne spazieren und 1839/40 unternahm sie zusammen mit Robert Schumann viele Ausflüge: nach Potsdam (Charlot-tenhof, Neues Palais und Sanssouci), nach Charlottenburg (Mausoleum im Schlosspark), Stralau und Treptow (in der ersten Hälfte des 19. Jh. noch Dörfer bei Berlin) oder zum Kreuzberg (heu-te Viktoriapark).

Die folgende Auswahl von Clara-Schumann-Orten lädt dazu ein, auf Claras Spuren zu spazieren, sei es zu ihren einstigen Wohnorten oder zu den vielen Konzerthäusern, die sich über das Stadt-gebiet zwischen Alexanderplatz und Potsdamer Platz verteilen!

 

Auftrittsorte

1 Königliche Oper (Unter den Linden)

Königliche Oper Berlin, Ansicht 1832 nach Gemälde von C.D. Freydank, Druck auf Papier (Architekturmuseum TU Berlin, Inv. Nr. 5740)

In der Königlichen Oper, der heutigen Staatsoper Unter den Linden, gab Clara Wieck am 16. Februar 1837 ihr erfolgreiches Berliner Debüt, bei dem sie ihr Klavierkonzert a-Moll op. 7 und Herz’ Variations brillantes op. 76 spielte. Das Opernhaus wurde 1741/42 unter Friedrich II. erbaut und nach einem Brand im Jahr 1843 wiederaufgebaut, es erfuhr aber bereits seit dem 18. Jahr-hundert mehrere Umbauten. In den vier Logenreihen und im Parterre konnten zu Clara Wiecks Zeiten über 2500 Menschen Platz finden. In unmittelbarer Nähe zur Oper befindet sich die Stra-ße Hinter der Katholischen Kirche (auf der Abbildung links zu sehen), benannt nach der im 18. Jahrhundert errichteten St.-Hedwigs-Kathedrale. Hier wohnte Clara Wiecks Mutter Mariane Bar-giel zwischen 1839-41, die mit ihrem zweiten Ehemann Adolph Bargiel ab 1826 in Berlin lebte. Clara wohnte von Oktober 1839 bis Anfang Juni 1840 bei ihrer Mutter im (heute nicht mehr erhaltenen) Haus Hinter der Katholischen Kirche Nr. 2, da ihr Friedrich Wieck aufgrund der Streitigkeiten um die Heirat mit Robert Schumann eine Rückkehr ins väterliche Haus nach der Parisreise 1839 untersagte. Clara trat noch zwei Mal im Opernhaus auf: Am 23. Oktober 1839 zusammen mit dem Geiger Carl Friedrich Müller, Clara spielte in den Zwischenakten Variationen über ein Thema von Donizetti „Der Liebestrank“ op. 1 von Henselt sowie die Caprice op. 15 von Thal-berg. Ein letztes Mal trat Clara im Opernhaus am 7. Dezember 1870 in einem Wohltätigkeitskon-zert auf, sie spielte die Klaviersonate Nr. 21 op. 53 („Waldstein“) von Beethoven sowie zusammen mit dem Cellisten Wilhelm Müller Beethovens Sonate Nr. 3 A-Dur für Cello und Klavier op. 69.

2 Hotel de Russie (Platz an der Bauakademie 1)

Bauakademie von der Schlossbrücke aus gesehen, Zeichnung von Ludwig Eduard Lütke 1840, Seitenränder be-schnitten. Das Hotel de Russie ist am rechten Bildrand zu sehen. (Architekturmuseum TU Berlin, Inv. Nr. 51059)

Im Hotel de Russie, einem Hotel erster Klasse unweit des Berliner Schlosses, logierte Clara mit ihrem Vater Friedrich Wieck während ihrer ersten Konzerttournee in Berlin vom 8. Februar bis 24. März 1837. Sie mieteten drei Zimmer, in denen auch Besuche bedeutender Persönlichkeiten empfangen wurden wie z. B. Gaspare Spontini, Generalmusikdirektor des Königlichen Opern-hauses, Friedrich Hieronymus Truhn, ein mit Robert Schumann befreundeter Musikschriftsteller, Komponist und Dirigent, oder der Pianist und Komponist Wilhelm Taubert, ab 1842 Kapell-meister der Königlichen Oper. Clara gab 1837 insgesamt drei Soireen im Saal des Hotel de Rus-
sie, bei denen bis zu 350 Personen anwesend waren. Sie spielte u. a. Werke von Bach, Beethoven, Mendelssohn und Chopin sowie eigene Kompositionen: Boleros und eine Mazurka aus op. 5 sowie die Bellini-Variationen op. 8. Das Hotel de Russie befand sich ab 1829 bis zu seinem Abriss 1890 am heutigen Schinkelplatz, bis 1837 hieß die Adresse Niederlagestr. 1. Mit dem Abriss eini-ger Häuser in der Niederlagestraße wurde der entstehende Platz ab 1837 umbenannt zu „Platz an der Bauakademie“ (die Königliche Bauakademie wurde nach Schinkels Plänen hier 1832-35 er-baut), ab 1869 hieß der Platz „Schinkelplatz“.

3 Königliches Schauspielhaus (Gendarmenmarkt)

Gendarmenmarkt, Foto 1888, Fotograf unbek. (Architekturmuseum TU Berlin Inv. Nr. F 6695)

Das Königliche Schauspielhaus auf dem Gendarmenmarkt wurde ab 1819 nach Plänen Schinkels erbaut und 1821 eröffnet. Dem Schauspielhaus gingen zwei Vorgängerbauten voraus: das Fran-zösische Komödienhaus (in den 1770ern unter Friedrich II. erbaut) und das 1800-02 nach Plänen Langhans’ errichtete Königliche Nationaltheater, das jedoch 1817 niederbrannte. Im Mittelbau des 1821 eröffneten Schauspielhauses befand sich ein halbkreisförmiger Theatersaal – der Flügel zur Taubenstraße hin enthielt zwei kleinere Säle und den großen Konzertsaal, der bis zu 1500 Personen fasste. Clara Schumann trat hier insgesamt sechs Mal auf. Auf ihrer ersten Konzert-tournee in Berlin trat sie am 27. Februar 1837 in einem Konzert des Berliner Geigers und Kon-zertmeisters Carl Möser und dessen 10-jährigen Sohn und Geiger August Möser auf. Clara spielte Variationen von Herz, das Publikum war begeistert und spendete nicht enden wollenden Beifall. Carl Möser zerrte die 16-jährige Clara sogar von der Bühne. Nicht der Konzertmeister bzw. sein Sohn standen im Mittelpunkt des Abends, sondern die junge Pianistin. Weitere Konzerte im Schauspielhaus gab Clara 1839/40 als Braut Robert Schumanns – zu dieser Zeit wohnte sie in Berlin bei ihrer Mutter Mariane Bargiel, Hinter der Katholischen Kirche Nr. 2 (in direkter Nähe zur Königlichen Oper). Am 31. Oktober 1839 gab sie im Schauspielhaus zusammen mit dem Geiger Carl Müller ein Konzert, bei dem sie das Capriccio mit Orchester op. 22 von Mendelssohn, Thalbergs Fantasie über Motive aus Rossinis Oper „Moses“ op. 33 sowie zusammen mit Müller ein Duo für Pianoforte und Violine von Osborne/de Bériot spielte. In einem Wohltätigkeitskonzert zum Besten des Friedrichstifts (eine 1808 gegründete Erziehungsanstalt für arme Kinder vor dem Halleschen Tor) spielte Clara am 20. November 1839 im Schauspielhaus die Etüde a-Moll op. 10 von Chopin sowie, in der Transkription Liszts, Schuberts Ständchen und Erlkönig. Ein viertes Mal trat Clara hier in dem „Großen Vokal- und Instrumentalkonzert“ am 28. März 1840 auf, das die Gebrüder Moritz und Leopold Ganz veranstalteten. Zusammen mit Wilhelm Taubert führte Cla-ra das Duo für zwei Klaviere Hommage à Händel von Moscheles auf. Am 8. März 1855 trat Clara hier zusammen mit dem Stern’schen Gesangverein und Joseph Joachim auf, ein letztes Mal in einer Wohltätigkeits-Matinee am 11. April 1858.

4 Palais Redern (Unter den Linden 1)

Palais Redern, Fotografie um 1900 (aus: Fritz Stahl, Karl Friedrich Schinkel. Berlin: Ernst Wasmuth 1911, S. 116, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berlin_Palais_Redern_um_1900.jpg)

Clara Wieck lernte Graf Wilhelm von Redern 1837 auf ihrer Berliner Konzertreise kennen: Der Generalintendant der Königlichen Schauspiele in Berlin gewährte Clara und ihrem Vater freien Eintritt in die Theater während ihres Aufenthalts und lud Clara zu seiner Soiree ein. Am 2. März 1837 spielte Clara Wieck im Saal des Redern’schen Palais, vor Anwesenheit des Könighofs, eine Etüde von Henselt und drei Variationen von Herz – jedoch wurde sich während des Klavier-spiels unterhalten, was Clara natürlich nicht gefiel. Zehn Jahre später, am 14. März 1847, trat Cla-ra ein zweites Mal bei einer Soiree im Redern’schen Palais auf, während ihres gemeinsamen mehrwöchigen Berlin-Aufenthalts mit Robert Schumann. Anwesend waren auch König Friedrich Wilhelm IV. sowie Alexander von Humboldt und die Arnim-Töchter, außer Clara spielte auch der Pianist Alexander Dreyschock. Das Redern’sche Palais am Pariser Platz wurde für Graf von Redern 1830-33 durch Umbau eines Vorgängerbaus nach Schinkels Plänen errichtet. Es befand sich bis 1906 an der Stelle des heutigen Hotel Adlon und war im Stil der florentinischen Archi-tektur zu Zeiten der Medici gehalten. Es repräsentierte somit die soziale Stellung des Bewohners: Graf von Redern, aus einem märkischen Uradelsgeschlecht kommend, absolvierte eine standes-gemäße Militärlaufbahn, studierte Jura und trat ab 1823 in den preußischen Staatsdienst ein. Er war von 1828 bis 1842 Generalintendant der Königlichen Schauspiele in Berlin und zuständig für das Königliche Schauspiel- und Opernhaus, anschließend war er Generalintendant der preußi-schen Hofmusik. Das Palais, das über einen Tanz- und Speisesaal sowie über eine Kunstsamm-lung und Bildergalerie mit ca. 70 Gemälden verfügte, war Anziehungspunkt für die kulturelle Elite der Stadt.

5 Das Königliche Schloss

Das Königliche Schloss, Lustgartenseite, Foto 1888 (Architekturmuseum TU Berlin Inv. Nr. F 6694)

Als 17-Jährige trat Clara Wieck auf einer Soiree am 14. März 1837 auf ihrer ersten Berliner Kon-zertreise vor dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen (1795-1861) auf. Sie spielte die Fuge in Cis-Dur von Bach (vermutlich BWV 848) und eine Etüde von Henselt sowie den 2. und 3. Satz aus Beethovens Klaviersonate Appassionata op. 57. Zwar notierte Clara auf ihrem Prog-rammzettel nur „Bei Hof“, wahrscheinlich ist aber, dass die Soiree im Königlichen Schloss statt-fand. Denn zum einen ließ sich Kronprinz Friedrich Wilhelm, ab 1840 Friedrich Wilhelm IV., in
den 1820ern eine Wohnung im Schloss einrichten – im Gegensatz zu seinem Vater Friedrich Wilhelm III. (1770-1840), der das Königliches Palais (heute „Kronprinzenpalais“) bevorzugte. Zum anderen war es üblich, dass halböffentliche Hofkonzerte in der ersten Hälfte des 19. Jahr-hunderts entweder im Königlichen Schloss in Berlin oder in Potsdam im Schloss Sanssouci statt-fanden. 1837 besaß das Berliner Schloss noch nicht die charakteristische Kuppel über der Schlosskapelle an der Westseite, diese wurde erst 1845-53 errichtet.

6 Kaiser-Wilhelm-Palais (Unter den Linden 37)

Ansicht des Palais des Prinzen von Preußen, Druck auf Papier, 1840 (1871-1888 Kaiser-Wilhelm-Palais, heute „Altes Palais“) (Architekturmuseum TU Berlin Inv. Nr. 51060)

Am 13. Januar 1876 trat Clara in Berlin ein zweites Mal bei Hof auf, nun 56-jährig und Witwe Schumanns. Sie spielte die Sonate cis-Moll Nr. 2 op. 27 („Mondscheinsonate“) von Beethoven und begleitete die anderen mitwirkenden Künstler, den Geiger Heinrich de Ahna, die Sängerin Minnie Hauk und den Sänger Franz Betz, auf dem Klavier. Seit 1871 war Berlin Hauptstadt des Kaiserreichs unter Wilhelm I. (1797-1888) und Clara Schumann wohnte zu dieser Zeit von 1873-78 in Berlin. Auf dem Programmzettel für das Konzert ist vermerkt „Palais Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Majestäten“ – hiermit ist sehr wahrscheinlich das Kaiser-Wilhelm-Palais (heute „Altes Palais“) gemeint. Es wurde 1834-1837 nach Plänen C. F. Langhans’ für den preußischen Prinzen Wilhelm erbaut, der ab 1861 nach dem Tod seines Bruders König von Preußen wurde und von 1871-1888 als Kaiser Wilhelm I. regierte – das Palais ist nicht zu verwechseln mit dem älteren Kronprinzenpalais am Anfang der Linden (neben der Niederlagstraße). Das Kaiser-Wilhelm-Palais Unter den Linden 37 (heute Nr. 9) wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört – heute befindet sich hinter der rekonstruierten Fassade ein Neubau. Clara besichtigte das Palais erstmals 1837, sie spielte hier aber nur 1876. Das Palais besaß einen beeindruckenden runden Tanzsaal: Zwanzig, im Kreis angeordnete, weiße korinthische Säulen trugen die Galerie, über die sich eine mit Deckenmalerei verzierte Flachkuppel wölbte. In der Mitte des Saales stand ein Flügel, auf dem 1842 auch Franz Liszt spielte.

7 Jagor’scher Saal (Unter den Linden 23)

Unter den Linden 23, Ausschnitt aus der „Linden-Rolle“, unbek. Künstler, Nicolai Berlin um 1820

Clara Wieck gab zum Abschluss ihrer erfolgreichen ersten Berlin-Tournee am 20. März 1837 eine eigene Soiree im Jagor’schen Saal. Friedrich Wieck berichtete am 21. März seiner Frau Clementi-ne: „Clara hat Solo gespielt vor 500 Menschen im Jagowschen [recte: Jagor’schen] Saal (mehr faßt er nicht) mit beispielloser Furore. – Sie wurde empfangen, und das feinste Publikum Berlins war versammelt.“ Clara spielte die Capriccio fis-Moll op. 5 von Mendelssohn, Chopins Variationen über Là ci darem la mano op. 2, Thalbergs Caprice op. 15 und Herz’ Bravour-Variationen op. 20. In dem 1763 erbauten und heute nicht mehr erhaltenen Haus Unter den Linden 23 befand sich En-de des 18. Jahrhunderts bis 1820 das Hotel de Russie, in dem u. a. Goethe 1778 und Schiller 1804 bei ihren Berlin-Aufenthalten wohnten. Der Hoftraiteur J. Jagor ließ 1820 in diesem Haus einen Konzert- und Ballsaal nach Entwürfen von Schinkel errichten. Nach einem Bericht der Allgemei-nen musikalischen Zeitung von 1821 (Sp. 30) zufolge besaß der Saal „3 eingewölbte Logen, die von korinthischen Pfeilern getragen [wurden]“ und „zwey kolossale, pracht- und geschmackvolle Kronleuchter“, deren Licht in zwei großen Spiegeln reflektiert wurde. In den 1840ern wurde der Saal umgebaut, sodass er 800 Personen fassen konnte. 1869-73 wurden an selbiger Stelle die im Zweiten Weltkrieg zerstörten Linden-Passagen („Kaiser-Galerie“) gebaut. Heute befindet sich an der ehemaligen Adresse Unter den Linden 23 die Hausnr. 35 und auf dem Grundstück der ehe-maligen „Kaiser-Galerie“ das Westin Grand Hotel.

8 Sing-Akademie (Am Festungsgraben 2)

Die Sing-Akademie in Berlin, Stahlstich von Finden (aus: Samuel Friedrich Spieker, Berlin und seine Umgebungen im 19. Jahrhundert. Berlin: Verlag von George Gropius 1833, S. 69)

In der Sing-Akademie, dem heutigen Maxim-Gorki-Theater, ist Clara Schumann am häufigsten aufgetreten, über vierzig Mal. Das erste Mal trat Clara 1840 hier auf: am 25. Januar und 1. Feb-ruar. Bei letzterem Konzert brachte sie die Sonate Nr. 2 in g-Moll op. 22 von Robert Schumann zur Uraufführung. Bei den Kritikern fiel die Komposition jedoch größtenteils durch, da sie nicht dem damaligen Publikumsgeschmack entsprach. Besonders häufig konzertierte Clara in der Sing-Akademie nachdem sie 1854 ihre Konzerttätigkeit wieder verstärkt aufgenommen hatte und bis in die 1880er Berlin regelmäßig auf ihren Winter-Konzertreisen besuchte. Zusammen mit dem Geiger Joseph Joachim gab sie u. a. 1854 und 1855 erfolgreiche Soireen in der Sing-Akademie. In den 1860ern trat Clara auf ihren Berliner Konzertreisen ausschließlich in der Sing-Akademie auf, oftmals – so auch in den 1870ern und 1880ern – mit anderen Künstlern wie Marie Wieck, Amalie Joachim, Julius Stockhausen oder Julie von Asten. Der Konzertsaal war für seine ausgezeichnete Akustik bekannt und konnte im Gegensatz zu den Theatersälen der Stadt unabhängig von den Theaterspielplänen gemietet werden. Nicht nur Clara Schumann gab hier Konzerte, auch Pagani-ni, Liszt, Rubinstein und Brahms. Am 17. Februar 1847 dirigierte Robert Schumann hier die (we-nig erfolgreiche) Berliner Erst-Aufführung seines Oratoriums Das Paradies und die Peri op. 50. Das Gebäude der Sing-Akademie wurde ab 1825 nach Entwürfen des Hofbaumeisters Ottmer für den von Fasch im Jahr 1791 gegründeten „Verein zur Pflege des Chorgesangs“ erbaut und 1827 eingeweiht. Zu den Mitgliedern der Sing-Akademie gehörten u. a. Felix und Fanny Mendelssohn Bartholdy sowie Clara Schumanns Mutter Mariane Bargiel. 1829 fand hier die Wiederaufführung
von Bachs Matthäuspassion unter Felix Mendelssohn Bartholdy statt. Die Sing-Akademie war das erste Konzerthaus Berlins, der Konzertsaal fasste bis zu 1500 Personen.

9 Das Reck’sche Palais (Leipziger Str. 3)

Das Mendelssohn’sche Haus in der Leipziger Straße 3 in Berlin (Adolph Kohut: Berühmte israelitische Männer und Frauen, Vol.1, Leipzig 1900, S. 36, https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Palais_Groeben_(Berlin)#/media/File:Mendelssohn_Berlin_Leipzige

Das 1735-37 erbaute Reck’sche Palais, oder auch Groeben’sche Palais, benannt nach den einsti-gen Eigentümern, befand sich in unmittelbarer Nähe zum Leipziger Platz und war von 1825-1851 im Besitz der Familie Mendelssohn Bartholdy. Abraham und Lea Mendelssohn Bartholdy wohnten hier mit ihren vier Kindern Fanny, Felix, Rebecka und Paul. Nach ihrer Heirat mit Wil-helm Hensel wohnte Fanny weiterhin in der Leipziger Str. 3 sowie, nach dem Tod Felix Mendels-sohn Bartholdys, bis 1851 dessen Witwe Cécile und ihre fünf gemeinsamen Kinder. Das Palais besaß zwei Seitenflügel, einen großen parkähnlichen Garten, der sich fast bis zur damaligen Pots-damer Communication (heute Stresemannstraße) erstreckte, sowie einen im südlich gelegenen Quergebäude kuppelüberwölbten Gartensaal mit kleiner Terrasse. Hier veranstaltete Fanny ihre (halböffentlichen) Sonntagsmusiken, bei denen bis zu 200 Personen anwesend sein konnten, im Winter fanden die Soireen in Fannys Musikzimmer und angrenzenden Räumen statt. Am 4. März 1847 waren Robert und Clara Schumann bei ihrem sechswöchigen Berlin-Aufenthalt zu einer Soiree bei Fanny Hensel eingeladen, bei der, wie Robert Schumann in seinem Tagebuch notierte, die „elegante Welt von Berlin ‒ Fürst Radzivil ‒ Gräfin Rossi“ zugegen waren, bei der es aber „im Ganzen wenig musikalisches Leben“ gab und man „um 12 Uhr nach Hause“ ins Hotel ging. Ob und was Clara an diesem Abend spielte, lässt sich nicht mehr rekonstruieren, vielleicht hat sie mit Fanny Hensel vierhändig ein Werk aufgeführt, wie es Fanny in einem Brief vorschlug. Das Palais wurde 1856 vom preußischen Staat erworben, umgebaut und war dann Sitz des Preußi-schen Herrenhauses, der Ersten Kammer des Preußischen Landtages. 1898 wurde das Palais für einen Neubau abgerissen, heute befindet sich hier das Bundesratsgebäude.

10 Hotel du Nord (Unter den Linden 35)

Unter den Linden 35 (Hotel du Nord), Ausschnitt aus der „Linden-Rolle“, unbek. Künstler, Nicolai Berlin um 1820

Als Clara und Robert Schumann vom 11.2.‒24.3.1847 Berlin besuchten, einem ereignisreichen Aufenthalt mit Konzerten Claras und der Aufführung der Peri unter Roberts Leitung in der Sing-Akademie, Soireen sowie Theater- und Museumsbesuchen, logierten sie im Hotel du Nord Unter den Linden 35. Das Hotel existierte ab 1843 und verfügte über einen kleinen Konzertsaal, in dem Robert und Clara am 8. März 1847 um 12 Uhr eine Matinee veranstalteten. Aufgeführt wurden das Klavierquartett Es-Dur op. 47 Robert Schumanns, Lieder von Fanny Hensel und Schumann („Widmung“) sowie das Klaviertrio g-Moll op. 17 von Clara Schumann. Bei diesem Berlin-Aufenthalt logierten sie außerdem vom 11.2.-18.2. im Luz’s Hotel, Unter den Linden 44 (heute Nr. 18) sowie vom 18.2.-21.2. im Hotel zum Schweizerhof in der Charlottenstr. 42 (fast Ecke Dorotheenstraße). Im März 1850 übernachteten Clara und Robert Schumann ein zweites Mal im Hotel du Nord auf ihrer Rückreise von einer Konzerttournee in Bremen und Hamburg nach Dresden. Bei dieser vier Tage währenden Durchreise besuchten sie am 26. März das Grab von Felix Mendelssohn Bartholdy auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof vor dem Halleschen Tor sowie mehrmals die Witwe Cécile Mendelssohn Bartholdy, geb. Jeanrenaud, die 1850 mit ihren fünf Kindern in der Leipzigerstraße 3 wohnte. Aber auch Claras Mutter Mariane Bargiel, die zu der Zeit in der Louisenstr. 35 wohnte, wurde besucht, gemeinsam mit der Familie Bargiel trafen sie sich im Hotel du Nord zum Essen. Das Gebäude des Hotel du Nord wurde um 1755 erbaut und Ende des 19. Jahrhunderts abgerissen, 1889-91 entstand hier (sowie auf benachbarten Grundstü-cken) das Direktionsgebäude der Disconto-Gesellschaft. Teile des Gebäudekomplexes haben sich erhalten, die heutige Adresse lautet Unter den Linden 13.

11 Festsaal des Rathauses (Königstraße)

Das Rathaus, Front an der Königsstraße, gez. v. Stier (Berlin und seine Bauten 1896, Bd. II, S. 119)

Am 29. Januar 1876 trat Clara Schumann, die zu dieser Zeit auch in Berlin lebte, in einem „Con-cert zum Besten des Denkmals auf dem Niederwald“ im Festsaal des Rathauses auf. Das Nie-derwalddenkmal am Rhein, ein monarchistisches Nationaldenkmal des Kaiserreichs unter Wil-helm I. zur Erinnerung an den Deutsch-Französischen Krieg und die Reichsgründung 1871, be-fand sich zu dieser Zeit im Bau, es wurde 1883 fertiggestellt. Das zu Claras Zeit noch relativ neue Rathaus war ein wichtiger politischer Repräsentationsort der wachsenden Hauptstadt, der für solch ein Konzert geeignet schien. Das aufgrund seiner dunkelroten Backsteine sogenannte „Ro-te Rathaus“ wurde zwischen 1861-69 nach Entwürfen Hermann Waesemanns an der Königstra-ße (heute Rathausstraße) Ecke Spandauer Straße erbaut. Der Festsaal des Rathauses befand sich im Westflügel und war mit farbigem Stuckmarmor verziert. Das Rathaus wurde im Zweiten Weltkrieg etwa zur Hälfte zerstört und in den 1950ern wieder aufgebaut.

12 Philharmonie (Bernburger Str. 22/23)

Blick in den Saal der Alten Philharmonie Berlin. Stich von Gottlob Theuerkauf (Illustrirte Zeitung Band 91 (1888), S. 605 / Wikimedia Commons)

Ihr letztes Konzert in Berlin gab Clara Schumann am 23. Januar 1889 in der Philharmonie Berlin. Zusammen mit ihrem Bruder Woldemar Bargiel, der das Konzert dirigierte, und dem Geiger Joseph Joachim wurden aufgeführt: Woldemar Bargiels Ouverture zu Prometheus op. 16, Robert Schumanns Phantasie a-Moll für Violine und Orchester op. 131, Frédéric Chopins Klavierkonzert f-Moll op. 21 und Joseph Joachims Violinkonzert in ungarischer Weise op. 11. Das Konzert erhielt überaus positive Kritiken, die 69-jährige Clara Schumann wurde für ihren jugendlichen Esprit bewundert und immer wieder unter nicht enden wollenden Beifall auf die Bühne gerufen. Der Konzertsaal der Philharmonie verfügte über 1600 Sitzplätze, auf zusätzlichen Stehplätzen konnten weitere 900 Personen in dem Saal Platz finden. Ursprünglich wurde der Saal in den 1870ern als Roll-schuhbahn konzipiert und 1888 als Konzertsaal umgebaut. Das Gebäude befand sich in der Bernburger Straße 22a/23 unweit des Potsdamer Platzes und wurde im Zweiten Weltkrieg zer-stört. Heute erinnert nur noch ein rekonstruierter Torbogen an das einstige Gebäude. Clara Schumann wohnte bei ihrem letzten Berlin-Aufenthalt vom 19. bis 31. Januar 1889 zusammen mit ihrer ältesten Tochter Marie, die sie seit 1858 auf vielen Konzertreisen begleitete, im Haus des befreundeten Kaufmanns, Komponisten und Musikliebhabers Martin Levy. Dieser bewohnte eine Villa in der Rauchstr. 17-18, südlich des Tiergartens. Hier gab Clara Schumann auch am 27. Januar 1889 zusammen mit Joseph Joachim ein Hauskonzert, bei dem u. a. die Violinsonate Nr. 3 d-Moll op. 108 von Brahms aufgeführt wurde.

 

Wohnorte

13 Dessauerstr. 2 (1857-1861)

Clara Schumann zog 1857, ein Jahr nach Robert Schumanns Tod, von Düsseldorf nach Berlin in die Dessauerstr. 2, in der Nähe des Potsdamer Platzes, und wohnte hier bis 1861. Von 1854 bis 1855 wohnte der Geiger, Gesangslehrer und Dirigent Julius Stern in der Dessauerstraße 2, mit dem Robert Schumann 1853/54 noch einen Stellenwechsel von Düsseldorf nach Berlin erwogen hatte. Vielleicht hat Clara Schumann über Julius Stern von der Wohnung erfahren. Da Clara ihre Konzerttätigkeit ab 1854 wieder verstärkt aufgenommen hatte, schien Berlin aufgrund seiner verkehrsgünstigen, zentralen Lage ein passender Wohnort zu sein, von dem aus die oft bereisten Konzertstätten wie Leipzig, Dresden, Breslau, Königsberg oder etwa Hamburg gut zu erreichen waren. Zudem erhielt Clara Schumann in Berlin familiäre Unterstützung durch ihre Mutter Ma-riane Bargiel; diese hatte ab 1854 bis 1857 Claras Tochter Julie bei sich aufgenommen (zu der Zeit wohnte Mariane Bargiel in der Linksstr. 43, ab 1855 in der Potsdamer Communication 3). Auch eine langjährige Bekannte Claras, Elisabeth Werner, war eine zentrale Stütze: Sie übernahm während der vielen Konzertreisen ab 1858 die Führung des Haushaltes und die Kinderbetreuung von Marie, Elise, Julie, Eugenie und Felix, die einige Zeit mit in der Dessauerstr. 2 wohnten. Das
ehemalige Wohnhaus Clara Schumanns ist leider nicht mehr erhalten – es befand sich außerhalb der Stadtmauer, die Berlin zwischen 1736 und 1865 vollständig umgeben hat. Ende des 19. Jahr-hunderts wurde das Haus abgetragen und an seiner Stelle 1905-06 ein Geschäftshaus errichtet, das heute unter Denkmalschutz steht und die Adresse „Dessauer Straße 1-2“ aufweist.

14 Schöneberger Ufer 22 (1861-1863)

Von der Dessauerstr. 2 zog Clara Schumann Ende April 1861 an das nahe gelegene Schöneberger Ufer 22 (ebenfalls zu der Zeit außerhalb der Stadtmauer gelegen), da eine etwas kleinere Woh-nung gesucht wurde: Aufgrund des enormen Reiseumfangs hielt sich Clara nur wenig in Berlin auf, zudem arbeitete die zweitälteste Tochter Elise ab 1860 als Gesellschafterin bei Adelheid Bö-cking bei Kreuznach, einer ehemaligen Schülerin Clara Schumanns. Julie kam 1860 in Pension bei Elise Pacher von Theinburg in München (eine Schwester von Claras langjähriger Freundin Emilie List). Auch in der Wohnung am Schöneberger Ufer 22, die Clara als „neues freundliches Logis“ beschrieb, übernahm die langjährige Bekannte Elisabeth Werner, die mit ihrer Schwester Anna verw. Storch auf gleicher Etage lebte, die Haushaltsführung und Kinderbetreuung, wenn Clara Schumann auf Konzert- oder Kurreisen war. Ab Ende September 1861 übernahm Claras älteste Tochter Marie die Haushaltsführung und Betreuung der jüngeren Geschwister, da Elisabeth Werner und Anna Storch aus Berlin wegzogen. Die Wohnung befand sich im dritten Stock des Vorderhauses mit Blick auf das Ufer sowie dem typischen Berliner Zimmer mit Blick zum Hin-terhof, das die im Vorderhaus gelegenen Stuben mit denen an einem langen Korridor gelegenen Stuben im Seitenflügel und der Küche verband. Auch dieses Haus ist nicht mehr erhalten, es wurde (vermutlich aufgrund von Kriegsschäden) 1940 abgebrochen. Heute existiert hier der „Park am Karlsbad“. 1863 zog Clara Schumann von Berlin nach Baden-Baden, wo sie sich ein Haus gekauft hatte, um dort die Sommer- und Herbstmonate gemeinsam mit ihren Kindern ver-bringen zu können.

15 In den Zelten 11 (1873-1878)

Nachdem Clara Schumann ihr Haus in Baden-Baden aufgegeben hatte, zog sie 1873 ein zweites Mal nach Berlin und wohnte bis 1878 In den Zelten 11 (bis 1871 „Eichenallee“), einer repräsen-tativen Adresse im Tiergarten. In dieser Straße wohnten im 19. Jahrhundert u. a. auch Bettina von Arnim, Joseph Joachim (direkt gegenüber von Clara Schumanns Haus) und Mathilde We-sendonck sowie die Schumann-Schülerin Julie von Asten. Doch schon vor 1873 wohnte Clara, meist auf Konzerttourneen in den Wintermonaten, immer wieder einmal für mehrere Monate in Berlin. So wohnte sie etwa Ende 1865 bei Franz Mendelssohn (Jägerstr. 51), 1869 mehrere Wo-chen in einer Wohnung am Werderschen Markt 4a, ab dem 7. November 1870 bis 6. Januar 1871 in einer möblierten Wohnung in der Köthener Straße 3 und im Dezember 1872 bis Januar 1873 bei dem befreundeten Musikverleger Friedrich August Simrock, Am Karlsbad 3. Doch 1873 er-folgte der endgültige Umzug nach Berlin – Clara Schumann erwog den Umzug, obwohl sie sich in ihrem Haus in Baden-Baden sehr wohlfühlte, da sie nicht mehr so viel reisen wollte (was sie dennoch tat) ‒ aus körperlichen Gründen und um mehr Zeit mit dem jüngsten Kind Felix ver-bringen zu können. Felix hatte im Jahr 1872 sein Abitur am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin abgelegt und begann kurz darauf ein Jura-Studium in Heidelberg, sodass nur Marie und Eugenie mit in die neue Wohnung einzogen. Eugenie hatte 1869-71 an der durch Joachim neu gegründeten Königlichen Musikhochschule Klavier studiert, ab 1873 Gesang. Auch Clara Schu-manns Sohn Ferdinand lebte in Berlin, bis 1866 besuchte er wie Felix das Joachimsthalschen Gymnasium und begann eine Banklehre in Berlin. Clara Schumann gab in ihrer Wohnung sowie in Joachims Villa, die über einen Musiksalon verfügte, auch private Soireen. Leider ist auch dieses Wohnhaus nicht mehr erhalten, es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Heute befinden sich in unmittelbarer Nähe der damaligen Adresse das Haus der Kulturen der Welt und das Bundeskanz-leramt. 1878 zog Clara nach Frankfurt am Main, um am Hoch’schen Konservatorium zu unterrichten.

 

Temporäre Wohnorte

15 In den Zelten 11 (1873-1878)

siehe 2) 1837 Hotel de Russie
16) 1839/40 Hinter der Katholischen Kirche 2 (bei Mariane Bargiel, Clara Schumanns Mutter)
17) 1847 Luz’s Hotel, Unter den Linden 44 (heute Nr. 18)
18) 1847 Hotel zum Schweizerhof in der Charlottenstr. 42
siehe 10) 1847/1850 Hotel du Nord
19) November/Dezember 1854 Leipziger Straße 109a
20) Februar 1855 bei Buch- und Musikalienhändler Julius Friedländer, Niederlagstr. 5
21) Ende 1855 bei der Mutter Mariane Bargiel, Potsdamer Communication 3
22) 1865 u. a. bei Franz Mendelssohn, Jägerstr. 51
23) 1869 Werderscher Markt 4a
24) 7. November 1870 bis 6. Januar 1871 Chambregarniewohnung Köthener Straße 3
25) Dezember 1872 bis Januar 1873 bei Friedrich August Simrock, Am Karlsbad 3
26) 1880er bei Martin Levy, Rauchstr. 17-18
27) 14. bis 25. April 1885 Grand Hotel de Rome, Unter den Linden 39

 

Ausflugsorte in und um Berlin

28) Tiergarten

Im Tiergarten ging Clara gern spazieren, als sie 1839/40 bei ihrer Mutter Mariane Bargiel in Ber-lin wohnte. Zu dieser Zeit lag der Tiergarten vor dem Brandenburger Tor noch außerhalb der Stadtmauer. Am 1.5.1840 schreibt Clara an Robert Schumann: „ich habe diesen Morgen um 6 Uhr eine Promenade in den Thiergarten gemacht, habe mir den Frühling recht ordentlich ange-sehen und Deiner gedacht.“ Auch in späteren Jahren, wenn Clara Schumann in Berlin auf Kon-zerttournee war, besuchte sie den Tiergarten. Jedoch stürzte sie bei einem Spaziergang am 12.1.1865 so schwer, dass sie sich eine Verletzung der rechten Hand zuzog und einen Monat lang keine Konzerte geben konnte.

29) Altes Museum am Lustgarten (1837)

Auf ihrer ersten Konzertreise nach Berlin besuchte Clara mit ihrem Vater Friedrich Wieck am 7.3.1837 auch das Alte Museum am Lustgarten. Das Museum wurde nach Schinkels Plänen 1828 (mit einer offenen Säulenhalle und Rotunde) fertiggestellt und 1830 eröffnet, zu Claras Zeit hieß das Museum „Königliches Museum“. Clara zeigte sich beeindruckt von der Architektur, bemerk-te jedoch in ihrem Tagebuch „Der Kunstwerke wenige.“. Das Museum enthielt eine Sammlung antiker Vasen und Skulpturen sowie eine Münzsammlung und Gemäldegalerie mit italienischer, deutscher und niederländischer Malerei.

30) Kreuzberg (1839)

Robert Schumann überraschte Clara in Berlin zu ihrem 20. Geburtstag mit einem Besuch. Zwi-schen dem 13. und 17. September 1839 unternahmen sie viele Ausflüge, so auch zum Kreuzberg
– heute eine Sehenswürdigkeit im Viktoriapark, zu Claras Zeit ein Ausflugsort vor den Toren der Stadt. In dem zeitgenössischen Reiseführer Alexander Cosmar's neuester und vollständigster Wegweiser durch Berlin für Fremde und Einheimische von 1843 ist zu lesen: Der Kreuzberg „ist eine Anhöhe vor dem Halleschen Thore, von welcher man die schönste Aussicht auf Berlin in seiner ganzen Aus-dehnung hat. Auf dem höchsten Punkte des Kreuzberges erhebt sich ein Denkmal, welches Kö-nig Friedrich Wilhelm III. zur Erinnerung an die Kriegsjahre 1813‒15 errichten ließ“ (S. 65). Den Weg zum Denkmal konnte man von der Stadt aus „leicht zu Fuße oder auch in einem Fiaker zurücklegen“ (S. 20).

31) Treptow/Stralau (1840)

Als Robert Clara zu Ostern in Berlin im Jahr 1840 besuchte, unternahmen sie viele Spaziergänge und Ausflüge in die Umgebung Berlins. Die dörflichen Ausflugs- und Erholungsorte Stralau und Treptow, heute zu Berlin gehörend, waren über einen Feldweg zu erreichen. Gegenüber dem Fischerdorf Stralau mit seiner auch heute noch existierenden Kirche befand sich der Vergnü-gungsort Treptow mit seinen Gasthäusern und Bootanlegestellen, hier konnte man, wie heute, „Wasserfahrten“ oder im „Wald von Treptow“ „die verschiedenartigsten und anmuthigsten Spa-ziergänge“ unternehmen (Spiker 1833, S. 131).

32) Schloss Charlottenburg (Park/Mausoleum) (1840)

Im April 1840 unternahmen Robert und Clara einen Ausflug nach Charlottenburg, das damals noch nicht zu Berlin gehörte. In Alexander Cosmar's neuesten und vollständigsten Wegweiser durch Berlin für Fremde und Einheimische von 1843 ist zu erfahren, dass Charlottenburg über den Tiergarten zu Fuß in einer Stunden zu erreichen ist, jederzeit aber auch „Kremser“ vor dem Brandenburger Tor für eine Fahrt bereitstehen (vgl. S. 15 f.). Sehenswürdigkeit war natürlich das Schloss Char-lottenburg, Robert und Clara wandelten sicher im Schlosspark und besuchten das Mausoleum der Königin Luise. Clara notierte in ihrem Tagebuch: „Das Denkmal ist wundervoll … eine eigene Wehmuth ergriff mich doch in der Gruft. Wie so Alles vergeht, vergessen wird, wozu nur eigentlich der Mensch lebt! ‒ Solche Gedanken kamen mir und stimmten mich traurig.“ (Litzmann I, S. 422).

33) Potsdam (Sanssouci, Neues Palais, Charlottenhof) (1839/40)

Mehrmals besuchte Clara Potsdam, wo sie in den Jahren 1839, 1854 und 1855 auch Konzerte gab. Im September 1839 unternahm sie zusammen mit Robert Schumann, ihrer Mutter Mariane Bargiel und einem ihrer Kinder einen Ausflug nach Potsdam mit der erst kürzlich eröffneten Eisenbahn. Sie besuchten Schloss Charlottenhof, Schloss Sanssouci und das Neue Palais. Im April 1840 fuhr Clara mit Robert Schumann nochmals zu einem Tagesausflug nach Potsdam.


Text: Theresa Schlegel
(Stand: 11.6.2020)

 

Literatur

33) Potsdam (Sanssouci, Neues Palais, Charlottenhof) (1839/40)

Alexander Cosmar's neuester und vollständigster Wegweiser durch Berlin für Fremde und Einheimische (1843), URL: https://digital.zlb.de/viewer/readingmode/15466866/1/LOG_0000/ [01.06.2019].
Babbe, Annkatrin, Art. „Schumann, Elise“, in: Online-Lexikon Europäische Instrumentalistinnen des 18. und 19. Jahrhunderts hrsg. v. Sophie Drinker Institut o. J., URL: https://www.sophie-drinker-institut.de/schumann-elise [17.05.2019].
Babbe, Annkatrin, Art. „Schumann, Eugenie“, in: Online-Lexikon Europäische Instrumentalistinnen des 18. und 19. Jahrhunderts hrsg. v. Sophie Drinker Institut o. J., URL: https://www.sophie-drinker-institut.de/schumann-eugenie [17.05.2019].
Babbe, Annkatrin, Art. „Schumann, Marie“, in: Online-Lexikon Europäische Instrumentalistinnen des 18. und 19. Jahrhunderts hrsg. v. Sophie Drinker Institut o. J., URL: https://www.sophie-drinker-institut.de/schumann-marie [17.05.2019].
Berlin und seine Bauten, bearb. u. hrsg. v. Architekten-Verein zu Berlin u. d. Vereinigung Berliner Architekten, 3. Bde., Berlin 1896.
Clara Schumann. Ein Künstlerleben. Nach Tagebüchern und Briefen von Berthold Litzmann. Erster Band: Mädchenjahre 1819‒1840. 8. Aufl. Leipzig 1925.
Das Berliner Schloss. Berliner Geschichte. Zeitschrift für Geschichte und Kultur. Ausgabe 9, 133. Jg., Berlin: Elsengold 2017.
Friedrich Wieck. Briefe aus den Jahren 1830‒1838, eingel. u. hrsg. v. Käthe Walch-Schumann (= Bei-träge zur rheinischen Musikgeschichte, Heft 74), Köln 1968.
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Schumann-Briefedition, Serie I, Bd. 7: Familienbriefwechsel (Briefwechsel von Robert und Clara Schumann, Band IV: Februar 1840 bis Juni 1856), hrsg. v. Thomas Synofzik, Anja Mühlenweg und So-phia Zeil, Köln 2015.
Schumann-Briefedition, Serie I, Bd. 8: Familienbriefwechsel (Clara Schumann im Briefwechsel mit Eugenie Schumann Bd. I: 1857-1888), hrsg. von Christina Siegfried, Köln 2013.
Schumann-Briefedition, Serie I, Bd. 10: Familienbriefwechsel (Briefwechsel Clara und Robert Schu-manns mit den Kindern Elise, Ludwig und Felix), hrsg. von Thomas Synofzik und Mi-chael Heinemann, Köln 2019, S. 193 Anm. 2, S. 202.
Schumann-Briefedition, Serie II, Bd. 18: Briefwechsel mit Freunden und Künstlerkollegen (Briefwech-sel Clara Schumanns mit Korrespondenten in Berlin 1856 bis 1896), hrsg. v. Klaus Martin Kopitz, Eva Katharina Klein und Thomas Synofzik, Köln 2015.
Spiker, Samuel Heinrich, Berlin und seine Umgebungen im neunzehnten Jahrhundert. Eine Sammlung in Stahl gestochener Ansichten, von den ausgezeichnetesten Künstlern Englands, nach an Ort und Stelle aufgenommenen Zeichnungen. Verlage George Gropius Berlin 1833.
Synofzik, Thomas, „Clara Schumann und ihre Kinder“. Leipziger Blätter – Sonderedition: Clara Schu-mann. Ein Künstlerinnenleben, Leipzig 2019, S. 52-57.
Zedlitz-Neukirch, Leopold von, Neustes Conversations-Handbuch für Berlin und Potsdam zum täglichen Gebrauch der Einheimischen und Fremden aller Stände, Berlin: Eisersdorff 1834.
Zentral- und Landesbibliothek Berlin, Historische Berliner Adressbücher 1799-1970, URL: https://digital.zlb.de/viewer/cms/141/ [09.05.2019].

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