Robert Schumann op.100

Ouvertüre c-moll zu Schillers Braut von Messina op. 100

Ziemlich langsam – Sehr lebhaft

Der junge Musikschriftsteller, Übersetzer und Komponist Richard Pohl aus Leipzig sandte im November 1850 einen von ihm eingerichteten Operntext nach Schillers Trauerspiel mit Chören. Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder an Robert Schumann, den er zur musikalischen Umsetzung dieser Vorlage inspirieren wollte. Schumann beschäftigte sich eingehend mit dem Sujet dieser Tragödie, verwarf aber letztlich den Opernplan angesichts des ihm erdrückend scheinenden Vorbilds und entschloss sich zur Komposition einer Ouvertüre. Dieser maß er dann allerdings hohe Bedeutung bei, worauf nicht zuletzt auch die Vergabe der besonderen Opuszahl 100 hinweist. In Abgrenzung zu ähnlichen Werken anderer Komponisten betonte Schumann, dass seine Komposition ”mehr Theater- als Concertouverture“ sei.

Kurz nachdem er seine Rheinische Sinfonie op. 97 vollendet hatte, skizzierte Schumann im Dezember 1850 in Düsseldorf innerhalb weniger Tage die Ouvertüre zur ”Braut von Messina“ , deren Instrumentation er Anfang Januar 1851 vornahm. ereits am 13. März fand die – in ihrer Wirkung auf das Publikum eher enttäuschende – Uraufführung unter Schumanns Leitung in Düsseldorf statt. Im November 1851 lagen Partitur und Stimmen gedruckt vor. Trotz dieses zügigen Vorgehens belasteten die mäßige Resonanz sowie die offensichtlichen Verständnisschwierigkeiten der Zuhörer auch bei den folgenden Aufführungen des Werkes den Komponisten mehr, als er zugeben wollte.

Die straff angelegte und dicht gearbeitete, ausdrucksstarke Musik der Ouvertüre folgt in Überzeugender Weise jener schicksalsträchtigen Entwicklung der dem Modell einer antiken Tragödie nachempfundenen literarischen Vorlage. Kein erlösender Dur-Schluss rettet den Hörer aus jener von der Grundtonart c-moll evozierten düsteren Atmosphäre. Gleichermaßen symbolisch wie spannungsreich verwendet Schumann motivische Strukturen, um den einzelnen Handlungssträngen und deren Protagonisten aus Schillers Drama nachzugehen: Der auf dem Regierungshaus in Messina lastende, schicksalhafte Fluch wird versinnbildlicht durch ein die Introduktion beherrschendes Motiv aus kraftvoll aufbrausenden 32-tel-Bewegungen der Violinen, gefolgt von drei energischen Achtel-Akkordschlägen, aus denen sich im anschließenden Hauptsatz der Beginn des ersten Themas entwickelt. Das zunächst von der Klarinette intonierte, im Gegensatz zum Vorherigen stehende, lyrisch-kantable Seitenthema charakterisiert die weibliche Zentralfigur Beatrice. Ein zwischen Haupt- und Seitensatz erklingendes, rhythmisch markantes Motiv lässt die Tragik des tödlich endenden, grausamen Kampfes der verfeindeten Brüder Don Manuel und Don Cesar erahnen. Beide haben sich in Beatrice verliebt, ohne zunächst zu wissen, dass es sich dabei um ihre Schwester handelt. Konträr dazu tritt musikalisch verhaltener, beinahe wehmütig die um Versöhnung bemühte Mutter auf, der es jedoch nicht gelingt, die Ermordung des einen noch den sühnenden Selbstmord des anderen Bruders zu verhindern.

Wenngleich die in Schillers Drama zu Grunde liegende Idee des unerbittlichen Schicksals sowie die damit verbundenen tragischen Ereignisse von Schumann hoch expressiv umgesetzt werden, rückt die Komposition dennoch nicht in die Nähe rein programmatischer Musik. Substanziell für Form und Inhalt bleibt eine musikimmanente Gesetzlichkeit. So folgt die Ouvertüre op. 100 dem Schema des Sonatenhauptsatzes. In der breit angelegten Durchführung werden sämtliche vorgestellten Themen einer eingehenden Verarbeitung unterzogen, wobei besonders hier die dem Werk innewohnende Ausdrucksdialektik dramatische Höhepunkt erzeugt. Die konventionell gestaltete Reprise wiederholt das Geschehen der Exposition beinahe wörtlich und führt zur knappen, in Tempo und Ausdruck nochmals enorm gesteigerten Coda.

(Irmgard Knechtges-Obrecht)

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