Depressionen und Wahnsinn zerrissen seine empfindsame Seele
Frankfurter Neue Presse / Nassauische Neue Presse vom 29.07.2006,
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Kultur und Service
Von Thomas Strünklnberg
Der Makel der Geisteskrankheit belastet seinen Nachruhm. Dabei hatte er in Johannes Brahms nicht nur einen großen Bewunderer, auch Wissenschaftler arbeiten vor allem seit den 70er Jahren an der Rehabilitation des Komponisten Robert Schumann. „Die letzten 30 Jahre waren für Schumann die Wiederentdeckung“, sagt Matthias Wendt, Mitarbeiter der Robert-Schumann-Forschungsstelle in Düsseldorf. Doch ab wann gilt ein Komponist als Großer seiner Zunft? Im musikalischen Superjahr mit Mozarts 250. Geburtstag hat es der 150. Todestag Robert Schumanns am 29. Juli schwer, hinreichend von Fachleuten und Publikum gewürdigt zu werden.
Robert Schumann, der 1810 in Zwickau geboren wurde, musste lange auf ein Werkverzeichnis warten. Es erschien erst 2003. Pünktlich zum Todestag bekommt die Stadt Bonn nun immerhin ein Denkmal des Komponisten – Bildhauer Alfred Hrdlicka schuf einen überlebensgroßen Kopf, der vor dem Schumann-Haus im Bonner Stadtteil Endenich enthüllt werden soll. Dort war Schumann 1856 in Depression und Wahnsinn gestorben. Das Denkmal kommt zur rechten Zeit, Schumann sei hoch aktuell, sagt der Musikhistoriker Ulrich Tadday: „Seine Musik, auch seine späte, ist nicht glatt, nicht stimmig, nicht nur schöner Schein, sie ist uns vielmehr in ihrer Zerrissenheit und ihrer Experimentierfreude wesentlich näher als die Ästhetik von Mozart, Mendelssohn oder Brahms.“ Schon der erste Biograf des Musikers habe bestimmte Werke unter dem Aspekt des Wahnsinns gedeutet, erklärt Wendt. Dies habe zu tun mit den Ängsten seiner Ehefrau Clara Schumann, der Wahnsinn des Musikers könne in seinen Werken erkennbar sein. Sie hielt alle Werke zurück, die er nicht selbst publiziert hatte, darunter das Violinkonzert. „Das Vorurteil wurde erst in den 70er Jahren aufgehoben. Bis 1970 gab es praktisch keine wissenschaftliche Literatur.“
Was passierte damals? Das Verdienst um die Wiederentdeckung gebührt nach Wendts Einschätzung vor allem der „Originalklangbewegung“ um den Dirigenten Nikolaus Harnoncourt. Lange war Schumann abgestempelt als „Mann der Klaviermusik und der Lieder“, heute sieht das anders aus. Vor allem die Sinfonik habe einen großen Wandel erfahren, die zweite Sinfonie galt lange als „völlig missglückt“. In den vergangenen Jahren nahmen große Dirigenten wie David Zinman und Daniel Barenboim die Sinfonien auf, zuvor tat dies auch Harnoncourt, der zudem eine Aufnahme der einzigen Schumann-Oper „Genoveva“ vorlegte.
Robert Schumann wurde als Sohn eines Buchhändlers und Verlegers geboren. Widerwillig studierte er Jura. Er nahm Klavierunterricht bei seinem späteren Schwiegervater Friedrich Wieck, wegen einer Lähmung der rechten Hand endete der Traum von der Pianistenlaufbahn aber schnell. Er konzentrierte sich auf das Komponieren, 1840 – im Jahr seiner Hochzeit mit der Pianistin Clara Wieck –, schuf er seine großen Liederzyklen und -kreise. 1844 zerschlug sich seine Hoffnung, Nachfolger Mendelssohn-Bartholdys am Leipziger Gewandhaus zu werden. 1850 wurde er städtischer Musikdirektor in Düsseldorf. 1854 verstärkte sich eine wohl von der Syphilis ausgelöste seelische Krise, es kam zu einem Selbstmordversuch. 1856 starb er in der Heilanstalt Endenich.
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