Schumannlieder mit Kaune und Müller-Brachmann

Kölnische Rundschau, 19.09.2006

An der Schwelle der Ermattung

Dritter Abend des Schumann-Liederzyklus´ im Beethoven-Haus

BONN. "Bedeckt mich mit Blumen", das vierte Duett aus den Spanischen Liebesliedern op. 138 nach Texten von Emanuel Geibel, machte sich gut als Zugabe am dritten Abends des Konzertzyklus´, mit dem das Beethovenfest Robert Schumann als den immer etwas kleineren der beiden Musikheroen der Stadt in diesem Jahr in die Arme schließt. Das hat auch etwas damit zu tun, dass mit Ilona Schmiel eine ausgesprochen "Lied-freudige" Intendantin des Internationalen Beethovenfestes in Bonn das Sagen hat. Die große Würdigung des Liedschaffens von Robert Schuman im Rahmen des Festivals ist im Übrigen ein geschickter Schulterschluss, in Sachen Lied hat Robert Schumann möglicherweise mehr zu bieten als Ludwig van Beethoven.

Am Freitag hatte Beethovens Intendantin Geburtstag, Grund genug für Schumanns Blumen. Überreicht haben sie Michaela Kaune (Sopran) und Hanno Müller-Brachmann (Bass-Bariton), die bruchlos den Reigen eindrucksvoller junger Stimmen fortsetzten, die den Zyklus zu einem kleinen Schmuckstück innerhalb des Beethovenfestes machen. Beide gehören namhaften Berliner Ensembles an, sie dem der Deutschen Oper, er dem der Staatsoper. Ihren kammermusikalischen Qualitäten tut das keinen Abbruch.

Burkhard Kehring, auf Liedbegleitung spezialisiert, hat auch diese beiden auf Händen getragen. Besonders aber die Auswahl der Lieder hatte es uns diesmal angetan. Es gehört schon eine Portion Mut dazu, die frühen noch ganz von Rheinseligkeit und Naturglück berauschten Reinick-Lieder op. 36 den von desperater Todesstimmung umwehten Maria-Stuart Liedern op. 135 gegenüberzustellen. Gerade der späte Schumann ist in diesem Konzert ausgiebig zu Wort gekommen mit den wild zerrissenen Husarenliedern op. 117 nach Lenau und den Sechs Gesängen op. 89 nach Wilfried von der Neun.

Mehr als die Qualität der Dichtung wird Schumann bei der Textwahl zu seinen opera 103 und 104 das Schicksal der Dichterin Elisabeth Kulmann interessiert haben. Goethe wie auch Schumanns Dichter-Favorit Jean Paul bescheinigten der außergewöhnlich talentierten Russin eine glänzende literarische Zukunft, die sie jedoch nicht erleben sollte. ImJahre 1825 starb sie, im zarten Alter von 17 Jahren.

Insofern haftet auch am herzerwärmenden Idyll der Mädchenlieder op. 103, dem Produkt eines Komponisten an der Schwelle der Ermattung und einer Frühvollendeten, eine gewisse Tragik. Alles in allem ein intensiver Liederabend, der große Zustimmung im Publikum fand. (cz)


Bonner General-Anzeiger, 18.09.2006, S. 13

Du nennst mich armes Mädchen

Schumannlieder und Blumen für Ilona Schmiel
Von Barbara Kaempfert-Weitbrecht

Der dritte Abend der von Burkhard Kehring konzipierten Schumannlieder-Reihe im Beethoven-Haus widmete sich den eher unbekannten und den späten Gesängen. Zwei höchst eindrucksvolle junge Opern- und Liedinterpreten waren bei diesem Programm die Protagonisten neben dem wieder großartig mitgestaltenden Pianisten: Michaela Kaune (Sopran) und Hanno Müller-Brachmann (Bassbariton).

Mit Letztgenanntem begann der Abend, mit einem Zyklus der noch frühen Liedperiode, den Sechs Liedern op. 36 nach Texten von Robert Reinick, in denen auch bei Schumann ein Volksliedton vorherrscht, das "Biedermeierliche" gewissermaßen überwiegt. Nichtsdestotrotz und erst recht in der "Liebesbotschaft" setzte Müller-Brachmann neben seinem sonoren und eher schweren Stimm-Timbre auch eine sehr reiche Palette von dynamischen Abschattierungen und artikulatorischen Spezifika ein. Mit fast noch mehr Fug und Recht tat er dies dann auch bei den Vier Husarenliedern op. 117 nach Nikolaus Lenau, die mit oft martialischen Rhythmen überraschen und gelegentlich schon ein wenig an Gustav Mahler denken lassen.

Das letzte Lied der Gruppe, "Röselein, Röselein" hatte Michaela Kaune übernommen, die daran dann die - textlich recht naiven - Sieben Lieder op. 104 nach Gedichten der früh verstorbenen Elisabeth Kulmann anschloss.

Der feine, oft fast instrumental geführte und stets ganz klare Sopran Kaunes gewann diesen meist sparsam und schlicht in einer Art Volksliedton gehaltenen Liedern reizend-mädchenhafte Klanglichkeit ab. Von besonderem Eindruck hierbei vielleicht das ganz verhaltene "Du nennst mich armes Mädchen". Die größte Verinnerlichung und Subtilität der Gestaltung zeigten jedoch die letzten Lieder Schumanns.

Zum eher wieder klangschwelgerisch-"harmlosen" Ausklang des Abends präsentierten beide Künstler gemeinsam dann noch die Vier Mädchenlieder op. 103. Und sie ließen, nach langem und begeistertem Schluss-Applaus, noch eine Huldigung an Beethovenfest-Intendantin Ilona Schmiel folgen, die just an diesem Tag Geburtstag hatte, nämlich das köstlich-emphatische Duett "Bedeckt mich mit Blumen".


Die von uns eingesetzten und einsetzbaren Cookies stellen wir Ihnen unter dem Link Cookie-Einstellungen in der Datenschutzerklärung vor. Voreingestellt werden nur zulässige Cookies, für die wir keine Einwilligung benötigen. Weiteren funktionellen Cookies können Sie gesondert in den Cookie-Einstellungen oder durch Bestätigung des Buttons "Akzeptieren" zustimmen.

Verweigern
Akzeptieren
Mehr