Ein Herz
Fono Forum, Juli 2010, S. 75
Es war die Idee von Christoph Eschenbach, Schumanns späte Konzertstücke op. 92 und op. 134 zu einem dreisätzigen Klavierkonzert anzuordnen und mit den „Geistervariationen“ für Soloklavier den verbindenden langsamen Mittelsatz zu finden. So ungewöhnlich diese Kreation auch sein mag, funktioniert das Vorhaben allein deshalb, weil die Interpreten diese Werktrilogie absolut überzeugend in Einklang bringen.
Geradezu beängstigend gelingt es Christoph Eschenbach in der Introduction zu op. 92, das NDR-Sinfonieorchester wie in einem ästhetischen Hypnosezustand spielen zu lassen. Hier wird mit teilweise sehr langsamen Tempi eine romantik heraufbeschworen, die jede Klischeevorstellung hinter sich lässt. Nicht der große emotionale Überschwang wird zelebriert, sondern das Fragile, das kaum Hörbare, das besonders Subtile.
Und Tzimon Barto stimmt in diesen Trancezustand mit ein, vermag ihn sogar noch zu verdichten bei den mit schmerzvoller Zurückhaltung gespielten Variationen. Eschenbach und Barto sind sich bei diesen hochpersönlichen Deutungen offensichtlich ganz einig, was auch die enorm elegische Wiedergabe der Etüden op. 56 in der Bearbeitung für zwei Klaviere von Debussy zeigt, in der beide Künstler wie mit einem Herzen, dessen Schlag gefährlich verlangsamt ist, spielen.
Frank Siebert
Schumann, Werke für Klavier und Orchester; Tzimon Barto, NDR-Sinfonieorchester, Christoph Eschenbach (2009); Ondine/Naxos CD 0761195116227 (67’)
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