Trostbotanik
Süddeutsche Zeitung, 04.10.2006, Ausgabe Deutschland, S. V3/21
Ressort: Literaturbeilage
Rubrik: Buchkritik
Clara Schumanns "Blumenbuch für Robert"
Die empfindsame junge Dame auf dem blauen 100-Mark-Schein wurde zur bekanntesten deutschen Musikerin und Muse: Clara Schumann, Pianistin, Komponistin, Ehefrau des Komponisten Robert Schumann, achtfache Mutter. Schumann starb vor 150 Jahren in der Nervenheilanstalt Endenich bei Bonn, gerade sind seine Krankenakten zum ersten Mal ganz veröffentlicht worden - da erscheint das kostbare "Blumenbuch für Robert" im Faksimile. Clara hat es von 1854 bis 1856, in den letzten beiden Lebensjahren Robert Schumanns, angelegt - in der Tradition des frühen 19. Jahrhunderts nach Art der Stammbücher.
Erst jetzt hat das Archiv des Robert-Schumann-Hauses in Zwickau die faksimilierte-Wiedergabe des Blumenbuches im Originalformat möglich gemacht: 93 unbeschriftete Blätter, 52 mit Pflanzen bestückt, dazu 40 Leerseiten, in sehr gutem Erhaltungszustand. Die Idee dazu entsprang dem Versuch Clara Schumanns, für ihren erkrankten Mann diese "kleinen Zeugnisse ihres Lebens und ihrer Reisen zu sammeln" (Nauhaus, Bodsch). Die Pflanzen wurden von ihr getrennt gepresst, erst später eingesteckt oder eingeklebt. Dass die Farben der Blumen leicht verblasst sind, tut dem Dokument keinen Abbruch. Die biographischen Hintergründe sind bekannt: Clara Schumann war eng befreundet mit dem 14 Jahre jüngeren Hamburger Komponisten Johannes Brahms, der in Wien lebte. Die beiden besuchten sich, wanderten, reisten manchmal gemeinsam. Und suchten Robert Schumann ab 1854 in seiner Bonner Anstalt auf. Das faksimilierte Blumenbuch ist mit genauen biographischen und botanischen Erläuterungen versehen, die die Lebensereignisse Clara Schumanns in jenen Jahren wie eine fortlaufende Geschichte erzählen.
Wolfgang Schreiber
Gerd Nauhaus, Ingrid Bodsch (Hrsg.)
Clara Schumann, Blumenbuch für Robert 1854-1856
Stroemfeld Verlag, Bonn/Frankfurt/Basel 2006. 233 Seiten, 28 Euro.
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