Schumanns Werke umfassend dargelegt
Piano News
Magazin für Klavier und Flügel
Juli/August 4/2006
Besprechung von Carsten Dürer zu:
Helmut Loos (Hrsg.)
Robert Schumann – Interpretationen seiner Werke
Laaber Verlag
2 Bände ISBN 3-89007-447-2
je 448 Seiten
EUR 79,- / Band
2006 ist (auch) Schumann-Jahr. Und so hat sich der Laaber-Verlag daran gemacht, ein umfassendes Werk zu den Interpretationen von Schumanns Werken herauszubringen. Im Vergleich zu den im selben Verlag erschienenen anderen Überblicks-Interpretations-Bänden (wie zu Beethoven und anderen Komponisten) ist bei Schumann alles etwas anders geworden. Auch hier sind es alle Werke, die betrachtet werden. Aber der verantwortliche Herausgeber Helmut Loos ist ein wenig anderen Vorgaben gefolgt. Zum einen ist die Werkauswahl dem neuen „Thematisch-Biografischen Werkverzeichnis“ von Margit L. McCorkle gefolgt, so dass beispielsweise die Werkauswahl der Werke ohne Opus (WoO) nicht vollständig erfolgte, sondern nur die Kompositionen verzeichnet, die Schumann noch zu Lebzeiten selbst zum Druck gebracht hat, obwohl so nur acht von 32 übrig blieben. Zum anderen ist man bei fast allen Werken auf einem recht einheitlichen Umfang verblieben, da man zu Recht darauf hinweist, dass für die zentralen Werke Schumanns zahlreiche Werkmonografien erschienen sind. Wie auch immer, es ist mit seinen insgesamt zwei Bänden mit fast 900 Seiten ein umfangreiches Analysewerk der Kompositionen Robert Schumanns, das da erschienen ist.
Und die Artikel sind durchweg lesenswert, bieten sie doch in aller Deutlichkeit die neuesten Forschungsergebnisse. Natürlich bemerkt man schnell, dass es sich bei dieser Publikation um eine wissenschaftliche handelt, wie schon das Vorwort des Herausgebers deutlich erkennen lässt. Und er sagt denn auch, dass diese Publikation „eine treffende Charakterisierung des jeweiligen Stücks bzw. der Werkgruppe zu liefern [hat], die den Wissenschaftler über den Stand der Forschung unterrichtet und Anregungen vermittelt“ und fügt erst dann hinzu: „… aber ebenso für einen gebildeten Musikliebhaber eine gut lesbare und fassliche Information bietet“. Die wissenschaftliche Betrachtung steht im Vordergrund. Aber dennoch sind die Artikel vor allem in ihrem ersten teil, der sich mit der Entstehungshistorie und den biografischen Umständen eines Werkes befasst, für jeden, aber wirklich absolut jeden Schumann-Interessierten eine Fundgrube von Wissen.
Und dass gerade der erste Band von unschätzbarem Werk für den Klavierliebhaber ist, versteht sich von selbst. Denn der erste Band bietet die Werkbesprechungen von Opus 1 bis Opus 68. Und damit sind eigentlich alle wichtigen Klavierkompositionen abgedeckt, von Schumanns so genannter Klavierperiode, die von Opus 1 bis Opus 26 reicht und mit Ausnahme von Op. 24 (Liederkreis) und Op. 26 (Myrthen, Liederkreis) ausschließlich Werke für das Klavier aufzeigt, bis hin zu dem wichtigen Klavierkonzert a-Moll Op. 54 und den unbekannteren „Studien für den Pedalflügel“. Und so vertieft man sich als Klavierfreund gleich in die ersten 150 Seiten des ersten Bandes – und ist erstaunt über die Fülle von Informationen, die die unterschiedlichen Autoren hier zusammengetragen haben. Selbstverständlich werten alle Autoren die Briefe, die Tagebücher, das so genannte „Haushaltsbuch“ und das Ehetagebuch aus. Aber neben diesen autobiografischen Quellen werden sich auch in zeitgenössischen Rezensionen fündig und fügen erst dann immer die Analysen der Werke an.
Bei Zyklen sind diese zudem unterteilt in die einzelnen Nummern der Zyklen. Wer da Lust hat, tiefer in die harmonisch-systematische und formelle Detailbetrachtung der Werke einzusteigen, ist hier richtig. Ansonsten macht es trotzdem Spaß, in diesem Band zu blättern, immer wieder stehen zu bleiben und nachzulesen, was sich im Umfeld eines bestimmten – uns ja klanglich so geläufigen – Werkes in Schumanns Leben zugetragen hat. Und dann bemerkt man plötzlich, wie intensiv man sich doch aus Lust am Lesen mit den einzelnen Werken auseinander gesetzt hat. Band 2 dieser Werkbetrachtungen kann, sollte man sich aber nicht schenken, denn hier findet man natürlich die Personen- und Werkregister, die das schnellere Auffinden von Textstellen ermöglichen. Und warum sollte man sich nicht auch einmal intensiver mit bestimmten Liedern oder Kammermusikwerken Schumanns befassen und nachlesen, was dort so steht?
Diese Schumann-Interpretationen sind in ihrer Gesamtdarstellung eine Freude, schließen sie doch bei vielen Werken endlich eine Lücke, denn bislang hatte man immer wieder dieselben Werke in monografischen Betrachtungen, wurden aber andere Werke vollkommen ausgeblendet. Und mit diesen beiden Bänden nun hat man etwas so Umfassendes, dass man eigentlich nicht mehr daran vorbeikommt.
Carsten Dürer
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