Theo R. Payk: Robert Schumann. Lebenslust und Leidenszeit, Bonn 2006
Rezension von Michael Struck in:
Das Orchester 02/2007, Seite 80
So beredt der Musikschriftsteller Schumann war, so lapidar konnte er als wütender Kritiker sein. Gegen Ende seiner Gesammelten Schriften findet sich ein „Theaterbüchlein“ mit knappen Bemerkungen über Opern und Opernaufführungen. Für Meyerbeers Prophet war Schumann schon ein Wort zu viel. So beließ er es bei einem Zeichen: +.
Mehr hat auch Theo R. Payks neue Schumann-Biografie nicht verdient. Nur damit Leserinnen und Leser hinter solchem Urteil nicht Hass und Häme vermuten, seien wenigstens einige Gründe genannt. Das Buch, das gleich mit einem Grammatikfehler startet (und auch sonst nicht gut lektoriert ist), bringt zwar viele interessante Zitate. Ja, bei der Diskussion von Schumanns letzter Krankheit zeigt es zumindest einen Anflug der Kompetenz, die man sonst in dokumentarischer, musikalischer, ästhetischer und schriftstellerischer – sprich: in jeder – Hinsicht vermisst.
Als Biografie des kreativen Künstlers Schumann scheitert es von der ersten bis zur letzten Seite. Die Menge an Falschem, Schiefem, Unausgegorenem ist deprimierend. Spätestens nach der Lektüre von Seite 8 – „Sein letztes Opus, das Requiem für Soli, Chor und Orchester (op. 148) wurde 1852 fertiggestellt, die noch folgenden Kompositionen blieben mängelbehaftete Fragmente.“ –, allerspätestens aber, wenn Payk auf Seite 112 von Schumanns „Oper Manfred“ spricht (mit der er die Schauspielmusik meint!), wurde die Lektüre für den Rezensenten zu genau der „Leidenszeit“, die der Titel verheißt. Die ebenfalls dort angekündigte Schumann’sche „Lebenslust“ ist in Payks Darstellung übrigens kaum zu finden.
Der primär an Themenkreisen (= Lebenskrisen) orientierte Aufbau des Buchs führt zu mehreren chronologischen Durchläufen durch Schumanns Leben – und dadurch zu vielen unnötigen Wiederholungen. Dabei erinnern Psychiatrie-Professor Payks ermüdende, chronologisch oft sprunghafte, vielfach scheinlogisch verknüpfte Aufzählungen von Ereignissen irritierend an den Endenicher Briefstil des geistig ermatteten Schumann. Nach Martin Demmlers anfechtbarer Biografie (siehe Das Orchester, 9/06, S. 83) ist bei Payk ein neuer, noch etliche Etagen tieferer Tiefpunkt der Schumann-Biografik erreicht – so ertragreich das Schumann-Gedenkjahr 2006 sonst dokumentarisch, werkmonografisch und auch künstlerisch erschien. Bleibt nur die Hoffnung, dass der Laaber-Verlag endlich die seit langem vollmundig angekündigte erweiterte 3. Auflage von Arnfried Edlers Schumann-Monografie herausbringt. Schon von deren 1982 erschienener 1. Auflage ist Payks peinigendes Produkt Lichtjahrzehnte weit entfernt.
Michael Struck
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