Wie die Profis

Neue Zürcher Zeitung 03.07.2007, Nr. 151, S. 53
Zürcher Kultur
Thomas Schacher
 

Einmal in der Tonhalle am gleichen Steinway-Flügel wie die grossen Stars spielen und ein hingebungsvoll lauschendes Publikum zu Füssen haben: Dieser Traum ging am Sonntag für knapp dreissig Klavierschülerinnen und -schüler der Jugendmusikschule der Stadt Zürich in Erfüllung. Auf dem Programm des Rezitals im kleinen Tonhalle-Saal stand Robert Schumanns «Album für die Jugend» op. 68. Die Tonhalle-Gesellschaft hatte das Konzert als Beitrag zum Schumann-Schwerpunkt der diesjährigen Zürcher Festspiele angeregt, und Christoph Demarmels, Fachbeauftragter für Klavier an der Jugendmusikschule, hat es vorbereitet und durchgeführt. Der bekannte Zyklus, den sonst stets professionelle Pianisten interpretieren, wurde somit für einmal von der Zielgruppe gedeutet, für die er gedacht ist: Schumann legte das «Album» nämlich zum 7. Geburtstag seiner Tochter Marie an.

Die vortragenden Teenager, die zuvor schon eine Selektion an der Musikschule bestanden hatten, führten unterschiedliche Stadien der technischen, musikalischen und emotionalen Entwicklung vor. Gerade dies aber machte das Konzert für die zuhörenden Eltern, Geschwister, Freunde, Bekannten und Lehrpersonen zu einem interessanten Erlebnis. Da konnte man schmunzeln, wenn eine Spielerin schon beim zweitletzten Takt ins Publikum strahlte, mitfiebern, wenn der Mittelteil eines Stücks etwas zäh lief, oder staunen, wenn sich plötzlich eine Musikalität zeigte, die schon fast professionellen Charakter hatte. Im Gedächtnis bleiben etwa Timothy Graf mit seinem derben «Knecht Ruprecht», Helen Mang mit ihren tragenden Bögen im «Sylvesterlied», Jakob Ackermann mit seiner gegensätzlich gestalteten «Weinlesezeit» oder Nenad Ivkovic mit seiner differenzierten Melodieführung im «Kanonischen Liedchen».

Einige der Auftretenden präsentierten sich zudem mit Eigenkompositionen. Die unter der Betreuung von Andreas Szalatnay entstandenen Stücke bezogen sich auf bestimmte Nummern aus Schumanns «Album» oder lehnten sich mindestens an Modelle dieser Charakterstücke an. Nicolas Winkler spann die periodische Struktur des «Chorals» weiter, Meret Aeppli erfand in «Morgendämmerung» einen Sonnenaufgang à la Schumann, und Jovin Müller erklärte dem Publikum, sein Stück «Neapel sehen» handle von einem Mann, der seiner eintönigen Arbeit überdrüssig geworden sei.

Zürich, Tonhalle, 1. Juli