Waldszenen op. 82.

Robert Schumann.
Faksimile nach dem Autograph im Besitz der Bibliothèque nationale de France, Paris. Nachwort von Margit L. McCorkle.

München: G. Henle Verlag, 2005
ISMN: M-2018-3217-3


Der in Schumanns mittlerer Phase entstandene Klavierzyklus Waldszenen von 1848/49 wurde von jeher als besonders romantisch empfunden. Einen Topos, den Dichter und Maler dieser Generation in sämtlichen Schattierungen ausgekostet haben, stellt Schumann hier in zahlreichen Kombinationen ins Zentrum. Der Wald wird zum Symbol der absoluten Harmonie zwischen Mensch und Natur, zum Inbegriff der Natur schlechthin stilisiert. Dies verbindet sich mit durchaus
zwiespältigen Empfindungen: Einerseits gilt der Wald als Hort des Dämonischen, Ungewissen und Bedrohlichen, andererseits aber erscheint er als ein Geborgenheit verheißender Zufluchtsort, als Stätte der Ruhe und Besinnung, bis hin zum Überbau einer religiösen Aura. Einen zusätzlichen Akzent setzt Schumann auf Motive der Jagd, die gerade eine bürgerliche Wiedergeburt erlebte. Seit mehreren Jahrhunderten ausschließlich den Vertretern des Adels möglich, erkämpfte sich das durch die revolutionären Ereignisse von 1848/49 erstarkte deutsche Bürgertum diesen Bereich zurück.

Schumanns Arbeitsmanuskript, das er letztlich als Stichvorlage an den Verlag Bartholf Senff in Leipzig gab, befindet sich heute in der Bibliothèque nationale de France, Paris. Dieses aus zwei Blättern und drei Doppelblättern im Querformat bestehende Autograph liegt nun als Faksimile vor. Es ist ein recht interessantes Dokument und erlaubt aufschlussreiche Blicke in die Werkstatt des Komponisten. Da Schumann es über einen Zeitraum von 20 Monaten verwendete, zunächst zur Eintragung erster Entwürfe, dann zu Überarbeitungen in mehreren Phasen und schließlich als Stichvorlage, weist es auffällige Spuren dieser unterschiedlichen Funktionen auf.

Sowohl durch zahlreiche Nachträge, Streichungen, Änderungen etc. auf dem handschriftlichen Titelblatt werden verschiedene Stufen der Entstehung nachvollziehbar, als vor allem naturgemäß durch die vielfältigen, in Tinte, Blei oder rotem Kreidestift eingebrachten Korrekturschichten im Notentext. Auf der letzten Seite des Manuskripts notierte Schumann sieben literarische Mottos zu den einzelnen Stücken aus op. 82, die er wohl ursprünglich mit drucken lassen wollte. Er folgt hier einer zu seiner Zeit durchaus gängigen Praxis, die einem synästhetischen Gedanken diente. Fast sämtliche Mottos strich Schumann vor der Drucklegung, lediglich die Verse Friedrich Hebbels zu Nr. 4 "Verrufene Stelle" blieben erhalten.

Die Faksimilierung dieses inhaltlich wie optisch wertvollen Autographs erfolgte mit höchster Sorgfalt. Qualität und Umsetzung sind hervorragend, so dass auch dem interessierten Laien gut lesbare und verständliche Details geboten werden. Das sachkundige, umfangreiche und angenehm lesbar formulierte "Nachwort" von der verdienstvollen Herausgeberin des Schumann-Werk\-ver\-zeichnisses Margit L. McCorkle trägt nicht nur zur umfassenden Vermittlung bei, sondern rundet den gesamten Band zu einem äußerst gelungenen Bild.