Schumanns Spätwerk

Die Tonkunst, 1. April 2006

Internationales musikwissenschaftliches Symposium Bremen vom 12. bis 14. Mai 2006


Als Robert Schumann 1831 im Alter von 21 Jahren das Studium der Rech-te aufgab, um bei Friedrich Wieck das Klavierstudium in Leipzig zu begin-nen, war wohl noch nicht abzusehen, dass er hier die Frau seines Lebens finden würde (Clara Wieck) und, dass er zu einem der bedeutendsten Kom-po-nisten des 19. Jahrhunderts werden würde. Durch die Gründung der "Zeit-schrift für Musik" (1834) wurde er auch zu einem Wegbereiter für viele junge Komponisten (u. a. Berlioz, Cho-pin, Heller und Brahms), gleich-zeitig wurde Robert Schumann durch seine exzellenten, noch heute lesens-werten Aufsätze, zum Begründer der poetischen, romantischen Musikkritik. Über seine psychische Erkrankung und seinen tra-gischen Tod ist viel geschrieben worden, wobei die Fantasie der der Autoren, wie zum Beispiel bei Mozart auch, gerne ins Reich des Mythischen wandert. Bis in jüngster Zeit hat man Schumann vorgeworfen, er hätte im Vergleich zu Wagner zu wenig "fort-schritt-lich" komponiert und nicht gut instrumentiert, habe in sei-nem Orchester "herumgefuhrwerkt". Vor allem aber fiel das Spät-werk, also die Kompositionen nach 1848, dem Verdikt des Kranken und Dekadenten zum Opfer. Eine Revision dieses Vorurteils ist längst fällig. Und ganz langsam lässt sich hier ein Umdenken erkennen.

Was kennt der gebildete Musikhörer von Schumann? Natürlich das Klavierkonzert, einige Lieder, das "Album für die Jugend" und die "Kinderszenen", hieraus natürlich vor allem die "Träumerei", eine Komposition, die wahrscheinlich neben Beethovens "Für Elise" zu den meist gespielten, aber auch zumeist miss-ver-stan-de-nen Kompositionen gehört. Die "Kinderszenen" sind ein gutes Beispiel für Robert Schumanns Auffassung, dass Musik einen hohen Anteil an der "Repoetisierung" der Welt zu leisten hätte. Dass man im Jahre 2006 dem Genius Mozart in Jubelfeiern huldigt, dabei Robert Schumanns 150. Todestag fast gänzlich vergisst, stimmt traurig. Aber es gibt auch Lichtblicke, so veranstaltet Prof. Dr. Ulrich Tadday vom Institut für Musikwissenschaft der Uni-versität Bremen mit Unterstützung der Deutschen For-schungs-ge-meinschaft und der Sparkasse Bremen u. a. in der Zeit vom 12. bis 14. Mai 2006 ein internationales musikwissenschaftliches Sym-po-sium, das sich dem Spätwerk Schumanns widmet. Das Thema des Symposiums besitzt über den biografischen Bezug des Gedenk- und Todesjahres hinaus insofern eine besondere Bedeutung, als das Spätwerk Schumanns wissenschaftlich noch weitgehend unerforscht ist. Durch das Schumann-Symposium sollen Impulse zur weiteren Erforschung des Spätwerks gegeben werden, nicht zuletzt durch die Publikation der Vorträge und Referate innerhalb eines Sonderbandes der 'Musik-Konzepte', die vom Veranstalter herausgegeben werden.

Eingeladen sind international und national führende Vertreter der Schu-mannforschung: Prof. Dr. Bernhard Appel (Robert-Schu-mann-Forschungsstelle, Düsseldorf), Dr. Dagmar Hoffmann-Axthelm (Basel), Dr. Gerd Nauhaus (Robert-Schumann-For-schungs-stelle, Zwickau), Prof. Dr. Reinhard Kapp (Universität Wien), Dr. Olga Lossewa (Moskau), Dr. Beate Julia Perrey (Cam-bridge University), Prof. Dr. Wolfram Steinbeck (Universität Köln), Dr. Michael Struck (Universität Kiel) und Dr. Peter Jost (Hochschule für Musik und Theater München). Der wis-sen-schaftliche Rahmen des Symposiums wird abgerundet einerseits durch die Verlagsvorstellung des 'Schumann-Handbuches', das ebenfalls von Ulrich Tadday herausgegeben wird; andererseits durch ein auf das Thema des Symposiums abgestimmtes mu-si-ka-lisches Rahmenprogramm: Professor W. Baumgratz (Hochschule für Künste, Bremen) gibt ein Konzert mit Orgelwerken Schumanns im Bremer Dom. Michael Struck spielt unter Berücksichtigung neuster Forschungsergebnisse in einem Gesprächskonzert im Mu-seum Neue Weserburg die berühmten "Kinderszenen" auf dem Klavier und trägt die selten zu hörenden "Gesänge der Frühe", Schumanns letzten Klavierzyklus, vor.

[Michael Pitz-Grewenig]