Mit Goldfaden

Ein Hauch ehrwürdiger Musikgeschichte streifte den Schumann-Schwerpunkt der Zürcher Festspiele. Robert Schumanns Klavierkonzert in a-Moll kam in der Tonhalle Zürich mit dem Pianisten Lars Vogt und der Sächsischen Staatskapelle Dresden zur Aufführung. Einstmals hatte die Dresdner Hofkapelle im Dezember 1845 mit Clara Schumann als Solistin die Uraufführung von Schumanns Klavierkonzert besorgt. Die besondere Beziehung zu diesem Werk war vor allem im ersten Satz, «Allegro affettuoso», zu hören. Der Pianist Lars Vogt und die Staatskapelle Dresden unter der Leitung von Charles Dutoit reagierten hier einfühlsam und prompt aufeinander und liessen den melodischen Hauptgedanken in mitreissendem Schwung erblühen.

Vogt, der bei den Zürcher Festspielen ausserdem in drei Schumann gewidmeten Kammermusikprogrammen präsent ist, begeisterte durch sein farbenreiches, temperamentvoll vorwärtsdrängendes und zugleich durch agogische Feinheiten intensiv belebtes Spiel. Besonders sprechend gelang der Dialog des Klaviers mit den Klarinetten, der in der Klangsinnlichkeit an die «Märchenerzählungen» aus Schumanns später Kammermusik erinnerte. Märchenhaft kamen auch die beiden Orchesterstücke des Abends daher. Ravels Suite «Ma mère l'Oye» liesse sich in den klangzauberischen Nuancen wohl noch subtiler aushören, als es zu Beginn gelang. Dagegen folgte die Staatskapelle in Rimski-Korsakows «Scheherazade» dem Dirigenten äusserst spielfreudig durch die Abenteuer aus Tausendundeiner Nacht. Da leuchteten die Farben, und der kernige Orchesterklang wartete mit schönen Arabesken und plastischen Details der Bläser auf. Das Violinsolo, das als süsse Stimme der begnadeten Erzählerin durch das Stück trug, hatte den Glanz eines goldenen Fadens.

Neue Zürcher Zeitung 19.06.2007, Nr. 139, S. 46

Feuilleton
Martina Wohlthat