Robert Schumann Kinderszenen Op. 15.

Hrsg. v. Ernst Herttrich. Fingersatz von Walther Lampe.
22 S. Urtext. Best.-Nr. 44.
München: G. Henle Verlag, 2007

Mit diesem Heft legt der verdienstvolle und für seine editorische Sorgfalt bekannte Ernst Herttrich eine weitere Ausgabe jener berühmten Klaviersammlung Robert Schumanns vor, die zugleich sein wohl populärstes Klavierstück enthält, die "`Träumerei"'. Für seine Kinderszenen ließ sich Schumann durch die Welt der Kinder inspirieren. Wahrscheinlich im Februar und März 1838 entwarf er eine Reihe von kleineren Klavierstücken, die ein Jahr später bei Breitkopf \& Härtel in Leipzig als Kinderszenen op. 15 veröffentlicht wurden.

Seiner Braut Clara schrieb er am 19. März 1838, dass er "an die 30 kleine putzige Dinger geschrieben", und davon "zwölf ausgelesen und 'Kinderscenen' genannt habe". Weiter bemerkte er, "Du wirst Dich daran erfreuen, mußt Dich aber freilich als Virtuosin vergeßen." Schumann
konzipierte seine Sammlung unter dem Aspekt, die einzelnen Stücke auf verschiedenen Ebenen im zyklischen Sinne miteinander zu verbinden. Neben solchen auf kompositionstechnische Weise erzielten Beziehungen schafft die poetische Idee eine zusätzliche Verflechtung der Einzelstücke zu einem harmonisch-bildhaften Ganzen. Schumann versah seine "putzigen Dinger" darüber hinaus mit charakterisierenden Titeln, die leider oft zu Missverständnissen führten. Aber Schumann betonte, dass er sich nicht "ein schreiendes Kind hin[stelle], und ... die Töne dann danach" suche, sondern: "Umgekehrt ist es. Doch leugne ich nicht, das mir einige Kinderköpfe vorschwebten beim Componiren; die Überschriften entstanden aber natürlich später und sind eigentlich nichts als feinere Fingerzeige für Vortrag und Auffassung." Gedacht sind die Stücke also nicht für Kinder und Jugendliche (wie beispielsweise das später entstandene Jugendalbum op. 68), sondern vielmehr für Erwachsene, die sich gerne an die Kindheit zurückerinnern wollen. "Rückspiegelungen eines älteren für ältere", wie Schumann selbst es nannte.

In vorliegender Ausgabe der Reihe Henle-Urtext sind erstmals die Metronomzahlen aus der zweiten Auflage des Erstdrucks aufgenommen. Diese Angaben stoßen zwar bei den meisten heutigen Pianisten auf großes Unverständnis, entsprechen aber absolut dem Tempoverständnis der Schumannzeit. Außerdem berücksichtigt Herttrich die handschriftlichen Eintragungen Schumanns im Widmungsexemplar für Franz Liszt. Im übrigen werden die bekannten Quellen (Autograph, Erstausgabe sowie korrigierte spätere Auflage der Erstausgabe) zu Grunde gelegt.

Da Schumann die 13 in op. 15 veröffentlichten Stücke aus ursprünglich 30 entstandenen auswählte, gab es vermutlich nie ein zusammenhängendes Autograph. Ebenso ist nicht bekannt, was als Stichvorlage für den Erstdruck diente. Insofern legt Herttrich die spätere, korrigierte Auflage der Erstausgabe als Hauptquelle für seine Edition fest. Ohne zu sehr in den Notentext der Hauptquelle einzugreifen, reguliert Herttrich einfühlsam und logisch einige fehlerhafte Stellen, die weder im korrigierten Erstdruck noch im Widmungsexemplar für Liszt entdeckt worden waren.

Das Endergebnis präsentiert eine sehr sorgfältig und stimmig gemachte Ausgabe der Kinderszenen, sinnvoll und informativ kommentiert und mit ausführlichen Betrachtungen zu Entstehungs- und Druckgeschichte versehen.