Neues vom jungen Brahms

MÄRKISCHE ALLGEMEINE, 30. MÄRZ 04.04.2008

URANIA: Variationen für Clara, eine liebe Freundin

INNENSTADT - Musikgeschichte am klingenden Beispiel – die Veranstaltungsreihen der Potsdamer Urania sparen disziplinübergreifend an Wissenswerten und Interessanten nichts aus. Am Freitagabend stellte der Musikwissenschaftler und Germanist Matthias Kornemann sein neues Buch über Johannes Brahms (1833-1897) vor, das von der „Zeit“-Stiftung in der Reihe „Hamburger Köpfe“ initiiert wurde. Musikalisch standen die Händelvariationen op. 24 auf dem Programm, die sich direkt auf das Gelesene beziehen lassen.
„Johannes Brahms – Porträt des Künstlers als junger Mann“ räumt mit vielen Klischees auf. Die betreffen das Elternhaus in Hamburg, seine heftige und leidenschaftliche Zuneigung zur 14 Jahre älteren Clara Schumann, sein Umgang mit den Kindern aus der Ehe von Robert und Clara sowie die Kontakte zum bewunderten kranken Schumann in der Nervenheilanstalt. Sorgfältig recherchiert entsteht aus dem Briefwechsel ein differenziert gezeichnetes Bild des jungen Brahms. Die Händelvariationen sind quasi eine Synthese der Brahmsschen Jugend und wurden als „Variationen für eine liebe Freundin“ 1861 Clara Schumann zum Geschenk gemacht. Das Thema ist einer Händelcembalosuite entnommen. Die Suite B-Dur aus dem 2. Band „Pièces pour le Clavecin“ von 1733 ist barockes Glitzerwerk und Brahms variiert die harmlose Vorlage in 24 Variationen plus einer Fuge nach allen Regeln des romantischen Klaviersatzes.

Die junge russische Pianistin, Tamara Torgovnykova, Absolventin der Musikhochschule „Hans Eisler“, war den technischen Anforderungen dieses komplexen Werkes nicht durchgehend gewachsen. Neben sehr schön gestalteten Variationen, besonders in den langsamen, lyrisch gesanglichen Veränderungen, fanden sich die etwas hektischen von falschen Tönen begleiteten Passagen. Sicher, das Werk wurde etwas auseinander gerissen und in acht Vortragsabschnitte zerlegt, aber ein leichter Verdacht der technischen Überforderung blieb. Auch bei der Nr. 24 und der Fuge traf die Pianistin nicht immer die richtigen Töne. Sie fielen wohl unter den Flügel, konnten ihre stolze Pracht im Raum jedenfalls nicht entfalten.

(Von Matthias Müller)