Johannes Brahms (1833–1897)

Johannes Brahms
[Abb. 1]Johannes Brahms, Zeichnung mit Silberstift, Düsseldorf, Herbst 1853 (Stadtarchiv Bonn)

Johannes Brahms war in Hamburg unter ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Dennoch versuchten seine Eltern das musikalische Talent ihres dritten Kindes zu fördern. Im April 1853 ging der 20jährige mit dem ungarischen Geiger Eduard Reményi als dessen Klavierbegleiter auf eine Konzertreise und lernte durch diesen Joseph Joachim kennen, mit dem er schnell Freundschaft schloß. Joachim vermittelte ihm in Weimar die Bekanntschaft mit Liszt und legte es ihm ans Herz, in Düsseldorf Robert und Clara Schumann aufzusuchen.

Das Ehepaar nahm ihn herzlich auf, und besonders Robert Schumann war begeistert von den Kompositionen des jungen Mannes. Vier Wochen verbrachte Brahms in Düsseldorf und nahm mit einem Empfehlungsschreiben Schumanns Abschied, um nach Leipzig zu gehen. Auf die Nachricht von Schumanns Selbstmordversuch hin eilte er nach Düsseldorf und stand Clara Schumann in den folgenden zwei schweren Jahren bei. Er besuchte Schumann, oft mit den Freunden Joachim und Albert Dietrich, in der Heilanstalt, kümmerte sich um Haushalt und Kinder, wenn Clara, die ihre Konzertreisen wieder aufnahm, nicht zu Hause war. Er gab Klavierstunden und komponierte und schlug die Mahnungen seiner Mutter, sich um seine Karriere zu kümmern, in den Wind. Für Clara Schumann bedeutete die Verehrung, die Brahms für Schumann empfand, und die Liebe zu dessen Musik großen Trost. Sie selbst schrieb über das, was ihr Brahms in dieser Zeit bedeutete, an ihre Kinder: „[...] er kräftigte das Herz, das zu brechen drohte, er erhob meinen Geist, erheiterte, wo er nur konnte, mein Gemüt, kurz er war mein Freund in vollstem Sinne des Wortes.“ Eine wichtige Komponente dieser Freundschaft war die Tatsache, dass Clara wieder am Schaffen eines musikalischen Genies teilhaben konnte, so, wie es ihr zuvor bei Schumann möglich gewesen war.

Der Austausch über Musik mit ihrem Mann fehlte ihr unendlich. Brahms und auch Joachim boten ihr in gewissem Maße Ersatz für die künstlerische Anregung, die Clara seit ihrer frühesten Jugend an genossen hatte und gewohnt war. Dass beide Schumanns Musik liebten, war ein wichtiges Band zwischen ihnen und Clara. Brahms vertraute Clara wie keinem anderen Menschen. Anfangs war Brahms zweifellos in Clara Schumann verliebt, doch während eines gemeinsamen Aufenthaltes in der Schweiz im Sommer 1856 beschlossen beide, getrennte Wege zu gehen. Clara hatte durchaus auch mütterliche Gefühle für den jungen Freund, unterstützte ihn in praktischen wie finanziellen Fragen, und auch wenn dessen Verhalten manchmal sehr schroff sein konnte, überstand diese Freundschaft alle Verstimmungen und Mißverständnisse.

Manchmal litt Brahms darunter, dass er zwar wie selbstverständlich zur Familie Schumann dazugehörte, aber dennoch keine eindeutige Stellung – weder Sohn noch Ehemann – einnehmen konnte. Dies mag einer der Gründe für seine plötzlich auftauchende Schroffheit gewesen sein, die Clara und ihren Kindern manchen Ärger und Enttäuschung bereitete. Eine ganze Reihe von Brahms-Werken erlebte durch Clara Schumann ihre Uraufführung, und die Pianistin war immer begierig, die neuesten Kompositionen des Freundes zu erhalten und zu spielen. Sandte er sie zuerst anderen Freunden, so war sie verstimmt. Sie teilte mit ihm ihre Sorgen und berichtete ihm über Krankheiten, Geldangelegenheiten, Konzerte und über die Kinder. 11 Monate nach Clara Schumanns Tod starb auch Brahms.


(Julia M. Nauhaus)

Johannes Brahms
[Abb. 2] Johannes Brahms, Holzstich nach einer Zeichnung um 1865 (StadtMuseum Bonn)

Vgl. auch [ Johannes Brahms ]