Ein Sonett auf Robert Schumann von Hans Pfitzner

Robert Schumann

WIE sahn wir, zitternd aus der Puppe Nacht
Den seltnen Falter sich zum Lichte ringen,
Und, schnell erstarkt, in Sonnenwärme schwingen
Phantastisch wundervolle Farbenpracht.

Wie selig er die Flügel spreizt und flacht –
Nun schnell er tief, und saugt aus der Syringen
Duftendem Blütenkelch, der hold den Schmetterlingen,
Die Süssigkeit, die schier ihn trunken macht.

Wohin verflogst Du Dich, Du Sonnenwesen?
Was flatters ängstlich Du, und krampfhaft schnelle,
Wie wurdest Du der Dunkelheit zum Raub?

Ach, nur in Lenzesluft kannst Du genesen.
Nun sinken auf den Boden Deiner Zelle
Zerrissne Flügel, ohne Farbenstaub.


Aus: Hans Pfitzner, Sechs Sonette. Dem Gedächtnis des Meisters im Jahr seines 80. Geburtstags und seines Todes, 1949
(Aus dem Buch für das Schumann-Portal neu abgeschrieben im StadtMuseum Bonn, 2006)